© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 43/24 / 18. Oktober 2024

Haltungsnote
Klare Kante gegen Canceln
Gil Barkei

Die Löschkultur greift um sich. Doch einige wenige knicken vor ihr nicht ein – auch weil sie viel zu populär sind, um sie aus dem Rampenlicht zu entfernen. Der DDR-diktaturerfahrene Schauspieler Jan Josef Liefers hat in einem Playboy-Interview die Cancel Culture scharf kritisiert: „Man schießt zwar seiner Idee damit kurzfristig den Weg frei, fügt der Gesellschaft aber langfristig Schaden zu.“ Canceln sei nichts, woran er glaube, er „glaube an den Rechtsstaat“, sagte der 60jährige „Tatort“-Star und betonte, man könne nicht von Diversität reden, aber eigentlich Konformismus verlangen. Zudem sei es gefährlich, „parallel zur Justiz eine zweite Rechtsprechung zu errichten, die auf Zeitgeist und oft wechselnden Moralvorstellungen beruht, wo Anschuldigungen genügen und auf Beweise verzichtet werden kann, die keine Verteidigung duldet und am Ende zwar nicht mit Gefängnis, dafür aber mit Ausgrenzung, Pranger und einem hohen sozialen Preis bestrafen will.“ Mit Nebenwirkungen: Die MeToo-Bewegung habe dem „grenzenlosen männlichen Hedonismus“ zwar eine wichtige und richtige Kampfansage gemacht, aber „die Kehrseite ist, mancher Mann denkt heute viermal darüber nach, bevor er einer Frau ein Kompliment macht, denn es könnte für ihn nach hinten losgehen.“ Liefers zeigte sich dennoch zuversichtlich, daß Mann und Frau den „angstfreien und angemessenen Umgang miteinander“ schon wieder finden werden.