Schokolade, gefüllt mit kleinen Körnern und knusprigen Kadayif-Fäden, ist der neueste Trend bei vielen Leckermäulchen. Dubai-Schokolade nennt sich das Produkt und will einen Hauch von Exotik mit dem Gefühl von Ferne und Luxus verbinden. Ausgedacht hat sich das Rezept nach eigenen Angaben die Gründerin Sarah Hamouda während ihrer Schwangerschaft, um es anschließend mit dem Unternehmen Fix Dessert zu verteiben. Die Firma bietet die Schokolade seit 2021 in Dubai an.
Von dort aus hat sie sich dank Tiktok & Co. zu einem Welthit entwickelt. Und an diesen dockt nun mit Lindt & Sprüngli erstmals auch ein Weltkonzern an, wenn auch vorerst in kleinem Maßstab. Denn die Herstellung der Dubai-Schokolade ist vergleichsweise teuer, was den Zutaten geschuldet ist: Sesammus (eine Paste aus fein gerösteten Sesamkernen, auch Tahini genannt), klein geschnittenes Engelshaar, wie die Kadayif-Fäden auch genannt werden, Edelvollmilchschokolade und Creme aus Pistazien.
Unterlegt durch orientalisch klingende Musik setzt der internationale Konzern mit Sitz in Kilchberg am Zürichsee auf den aktuellen Hype. „Laß dich von unseren Lindt Maîtres Chocolatiers auf eine Reise in die erstaunliche, luxuriöse Welt der Dubai Chocolade mitnehmen, in der Tradition und Innovation verschmelzen“, heißt es in einem Werbevideo auf Tiktok, das verspricht: „Die gezeigten Handproduktionsschritte entsprechen dem tatsächlichen Herstellungsprozeß.“ Die Tafeln seien aufgrund der besonderen Rezeptur handgefertigt sowie handverpackt und handnumeriert.
Kostspielige Rohstoffe verunsichern große Hersteller
Das dürfte so recht nach dem Geschmack der Hauptzielgruppe sein. Denn das süße Produkt betört vor allem junge und einigermaßen gut betuchte Frauen – schließlich kostet eine Tafel nicht unter 15 Euro. So hat es zumindest das Marktforschungsunternehmen YouGov für die Fachzeitschrift Rundschau für den Lebensmittelhandel ermittelt. „Die Kenner der Schokolade, also jene, die schon einmal von der Dubai-Schokolade gehört haben, sind eher jüngeren Alters: 38 Prozent der Kenner sind im Alter von 18 bis 34 Jahren (vs. 24 Prozent Gesamtbevölkerung). Auch sind unter den Kennern überproportional viele Frauen: 57 Prozent (vs. 51 Prozent der Gesamtbevölkerung).“
Für eine Massenproduktion reicht das nicht. Es handele sich um ein Nischenprodukt, das zudem wegen der Rohstoffkosten extrem teuer ist, gibt eine Sprecherin von Ritter Sport in der Wirtschaftswoche zu bedenken. Zurückhaltend zeigen sich auch Kitkat-Hersteller Nestlé und Tony’s. Selbst wer auf der Internetseite von Lindt nach Dubai-Schokolade sucht, wird nicht fündig: „Es tut uns leid, wir konnten kein Produkt finden“, auch nicht unter der Rubrik „Einzigartige Schokoladengeschenke“.
Immerhin sagt eine Unternehmenssprecherin in der Wirtschaftswoche: „Wir beobachten die Trends im Schokoladenmarkt sehr genau, und unsere Maîtres Chocolatiers testen laufend neue Rezepte und Innovationen.“ So legt Lindt Wert darauf, daß seine Vollmilchschokolade eine Füllung mit einem besonders hohen Anteil von Pistazienmark (24 Prozent) umhüllt.
Das Lindt-Marketing studiert jedoch genau die Reaktionen auf Tiktok und schreibt: „Wow! Ihr hattet unzählige Design-Ideen für die Verpackung der Lindt Dubai Chocolade – wie gefällt euch unser Ergebnis? Schreibt es uns in die Kommentare.“ Der Schokomarkt ist also in Aufruhr angesichts der neuen Innovation – und der Möglichkeit, aus Altbekanntem wie Schokolade ein breitentaugliches Luxusprodukt zu kreieren.
Offenbar war dies alles so überzeugend, daß vom 9. bis 14. November in ausgewählten Lindt-Shops in Düsseldorf, Berlin, Frankfurt/Main, Hamburg und Aachen insgesamt 1.000 Tafeln Dubai-Schokolade angeboten wurden. Eine Marketing-Aktion, die auch die anderen Schokoladenhersteller beobachtet haben dürften. Zumal das Presse-Echo nicht zu überhören ist. Der Erfolg zeigt, auch bei Lebensmitteln zählt zunehmend eine gute, als ungewöhnlich wahrgenommene Story sowie ein Mix aus frischen und bekannten Gesichtern in den sozialen Medien. Ein nicht als zu billig wahrgenommener Preis kann so sogar hilfreich sein.
Zahlreiche kleine Hersteller haben sich dies zu Herzen genommen. Zu diesen gehört die Food-Bloggerin Kiki Aweimer, die ihre eigene Dubai-Schokolade unter der Marke Kikis Kitchen vertreibt und sich über mangelnde Nachfrage nicht beklagen muß.
Wer die Schokolade selbst einmal ausprobieren möchte, aber nicht so viel Geld dafür bezahlen will, könne sie sich ganz einfach selbst machen. Ein Rezept gibt es zum Beispiel auf dem Netzauftritt des Schokoladenmuseums in Köln.