© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 48/24 / 22. November 2024

US-Raketenfreigabe für Angriff auf Rußland
Weckruf mit mehr Reichweite
Albrecht Rothacher

Zwei Monate vor Amtsende gab US-Präsident Biden Kiew den Einsatz der ATACMS-Raketen mit bis zu 300 Kilometern Reichweite auf russisches Territorium frei. Zunächst nur für die Region Kursk, um die mit 50.000 Soldaten – darunter 10.000 Nordkoreaner – erwartete russische Gegenoffensive zu zerschlagen. Von jenen Zwangs­söldnern sollen zur Abschreckung Pjöngjangs möglichst wenige kriegserfahren überleben.

Paris und London wollen sich der Freigabe anschließßen. Auch bei deren Scalp-Raketen bestimmen die USA technologiebedingt die Ziele. Schmerzliche Schläge und ein Faustpfand für Verhandlungen gewiß. Doch für eine Kriegswende kommen sie zu spät und zu sporadisch. Beide Seiten sind abgekämpft, auch wenn Moskau bei Donezk verlustreich zerschossene Städte weiter einnimmt. Putins Kriegswirtschaft stockt trotz geschönter Zahlen. Die modernisierten Sowjet-Lagerbestände schwinden.

Vorhersehbar drohen die Kreml-Scharfmacher erneut mit dem Dritten Weltkrieg. Wenig glaubwürdig, da Trump am 20. Januar das Weiße Haus übernehmen wird und angekündigt hat, binnen 24 Stunden den Krieg zu beenden. Wie? Sein Umfeld verlautbart ein Ende der US-Waffenhilfe. Den Waffenstillstand müßten europäische Truppen überwachen. Am Ende stehen Gebietsverluste für Kiew mit ungewissen Sicherheitsgarantien. 

In Trumps Logik können und wollen sich die USA eine Dreifrontenkonfrontation mit Rußland, dem Iran und China nicht leisten. Die Abschreckung Pekings hat Vorfahrt. Der große Weckruf im führungslosen EU-Europa verhallt derweil erneut ungehört.