© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    05/98  23. Januar 1998

 
 
Burschenschaften: Arbeitstagung "Maastricht und der Euro" in Berlin
Chancen für die Mafia
von Gerhard Quast

Widerstand im Sinne des Artikels 20, Absatz 2 des Grundgesetzes ist solange nicht nötig, solange andere Möglichkeiten gegeben sind." Dieses Resümee zog der Erlanger Professor Karl Albrecht Schachtschneider am vergangenen Wochenende bei einer Podiumsdiskussion in einem Nobelhotel in Berlin-Neukölln. Eingeladen zu dieser Arbeitstagung unter dem Thema "Maastricht und der Euro – Chance oder Gefahr für Deutschland und Europa" hatte die Deutsche Burschenschaft.

Als Referenten geladen waren neben Schachtschneider – der zusammen mit Wilhelm Nölling, Wilhelm Hankel und Joachim Starbatty letzte Woche beim Bundesverfassungsgericht (BVG) Klage gegen die Einheitswährung eingereicht hat – das "Groupeuro"-Mitglied Burkhardt Siebert, der hessische Landesvorsitzende des Bundes Freier Bürger (BFB), Bernd-Thomas Ramb, und der kroatische Intellektuelle Tomislav Sunic.

Daß Siebert in seinem Eröffnungsvortrag "Die EU am Vorabend von Euro und Osterweiterung – Grundlagen und Perspektiven" und in der anschließenden Fragestunde ausschließlich Argumente für die Europäische Währungsunion (EWU) präsentierte, war unausweichlich. Schließlich hat sich der Referent als Mitglied der "Groupeuro" gegenüber der EU-Kommission vertraglich verpflichtet, ausschließlich Positives über die EWU vorzutragen und "auf jede persönliche oder subjektive Interpretation der Kommissions-Informationen" zu verzichten. Entsprechend formelhaft klang seine Pro-Euro-Propaganda; angefangen von der Behauptung, der Euro schaffe bessere wirtschaftliche Voraussetzungen, gefolgt von der obligatorischen Feststellung, daß der Euro eine Hartwährung werde, bis hin zu der Prophezeiung, elf bis zwölf Länder würden die "strengen" Kriterien erfüllen. Für den Wirtschaftsexperten stand auch außer Zweifel, daß mit der Vollendung des Binnenmarktes in Europa der "point of no return" überschritten und somit ein Ausscheren der Bundesrepublik unmöglich geworden sei.

Dem widersprach der Euro-Kläger vehement: "Die Freiwilligkeit in der EU gibt uns die Möglichkeit, jederzeit auszuscheiden." Diese Möglichkeit habe es immer gegeben und werde es auch in Zukunft geben. In Sachen Euro-Klage erläuterte er mit kaum zu überbietender Souveränität, welche Gefahren für die Staatlichkeit Deutschlands von der EWU ausgingen. Sollte das BVG – woran er nicht glaube – die Euro-Klage ablehnen, käme das einer Selbstenthauptung des Gerichts zugunsten des Europäischen Gerichtshofes und in letzter Konsequenz ein faktisches staatliches Aufgeben Deutschlands gleich. Der Euro biete zwar auch Chancen, so Schachtschneider vor dem 250 Burschenschafter zählenden Auditorium, allerdings nur den Banken, der Großindustrie und Mafia. Für den Mittelstand, den einfachen Bürger oder das freiheitliche Gemeinwesen gingen hingegen immense Gefahren aus, so der Redner. "Wer für Europa ist, muß gegen den Euro sein."


 
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