© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    10/98 27. Februar 1998

 
 
DSU: Landesvorsitzender Nothdurft verteidigt das Zusammengehen mit den Republikanern
"Beobachtung in Kauf genommen"
von Gerhard Quast

Herr Dr. Nothdurft, am 15. Februar hat die Deutsche Soziale Union (DSU) gemeinsam mit den Republikanern (REP) und der Demokratischen Erneuerung (DE) die Aufstellung einer gemeinsamen Liste für die Landtagswahl in Sachsen-Anhalt beschlossen. Auf welcher Grundlage kam dieses Bündnis zustande? Gibt es einen Beschluß Ihrer Parteiführung, der solche Bündnisse abdeckt?

NOTHDURFT: Gespräche mit den Republikanern führt die DSU schon seit April vergangenen Jahres. Im letzten Dezember gab es dann einen entsprechenden Bundesvorstandsbeschluß, der diese Gespräche billigt und das Vorhaben einer gemeinsamen Liste des Landesverbandes Sachsen-Anhalt mit den Republikanern absegnet. Das war ein mehrheitlich getroffener Beschluß, der besagt, daß wir die Verhandlungen mit den Republikanern in Sachsen-Anhalt weiterführen können. Außerdem gibt es einen mit deutlicher Mehrheit von acht zu vier gefaßten Landesvorstandsbeschluß, in dem einer möglichen gemeinsamen Liste mit den Republikanern und der Demokratischen Erneuerung grünes Licht gegeben wird. So gesehen ist diese gemeinsame Liste durch Landes- und Bundesvorstandsbeschlüsse abgesegnet.

Warum hat dann der Bundesvorsitzende der DSU, Roberto Rink, diese Zusammenarbeit mit den Republikanern mißbilligt und gedroht, Sie aus der Partei auszuschließen?

NOTHDURFT: Von solchen Ausschlußdrohungen habe ich auch gehört, aber ich rechne nicht mit solchen Schritten, denn sie entbehren jeder Grundlage, da es – wie dargelegt –Bundes- und Landesbeschlüsse für eine Zusammenarbeit mit den Republikanern gibt. Natürlich hat er als Parteivorsitzender die Aufgabe, die Partei zusammenzuhalten. Wenn er nun den Eindruck hat, daß es doch erhebliche Widerstände innerhalb der eigenen Partei gegen dieses Bündnis gibt, dann muß er dies in seinem Handeln berücksichtigen. Er möchte auf alle Fälle verhindern, daß große Teile wegen dieser Übereinkunft der Partei den Rücken kehren.

Sind Austritte zu befürchten?

NOTHDURFT: In Sachsen-Anhalt haben wir bisher fünf oder sechs Austritte. Ich glaube nicht, daß es noch viel mehr werden. Bei rund 500 Mitgliedern im Land ist das eine Zahl, die man verkraften kann. Wie die Situation in Sachsen und Thüringen ist, kann ich nicht sagen. Ich weiß nur, daß der stellvertretende Bundesvorsitzende, Herr Rost, zurückgetreten ist und wohl auch erklärt hat, daß er am kommenden Freitag zusammen mit dem Kreisverband Leipzig seinen Austritt erklären wird.

Und als Grund wird die Zusammenarbeit mit den Republikanern angegeben?

NOTHDURFT: Ja, sicher, denn mit sachlichen Argumenten kann man diesen Widerstand gegen die gemeinsame Liste kaum begründen. Es ist einfach das Erscheinungsbild, oder besser gesagt: der schlechte Ruf, der – übrigens zu Unrecht – dieser Partei anhängt. Das Hauptargument gegen die Zusammenarbeit lautet: Das sind Rechtsextremisten. Sie haben ein schlechtes Ansehen und werden vom Verfassungsschutz beobachtet oder überwacht. Und das ist dann eben für viele ausreichend, dagegen zu sein.

"Ich mache mein Tun und Handeln nicht davon abhängig, ob ich beobachtet werde"

Fürchten Sie nicht, daß nun auch die DSU das Etikett "rechtsextremistisch" angeheftet bekommt?

NOTHDURFT: Sicher, damit muß man rechnen. Es gab ja bereits vom Verfassungsschutz in Sachsen-Anhalt Stimmen, die besagen, diese Zusammenarbeit sei eine neue Situation, so daß überlegt werden müsse, ob eventuell auch die DSU Beobachtungsobjekt für den Verfassungsschutz sein soll.

Nur aufgrund des Beschlusses, mit den Republikanern ein Bündnis zu schließen?

NOTHDURFT: Ja, unmittelbar nach dem Beschluß über die gemeinsame Liste gab es eine Aussage des Vizepräsidenten des Landesamtes für Verfassungsschutz Sachsen-Anhalt, daß man an eine Beobachtung der DSU denke.

Aber Ihr Landesverband hat sich doch sicher schon vorher überlegt, daß solche Reaktionen zu erwarten sind?

NOTHDURFT: Selbstverständlich war uns klar, daß so etwas kommen wird. Aber ich mache doch mein Tun und Handeln nicht davon abhängig, ob ich von irgendjemandem beobachtet werde. Das muß ich in Kauf nehmen. Mir geht es doch um die Sache, um die Politik, die wir durchsetzen wollen.

Die CDU Sachsen-Anhalt hat die Mandatsträger der DSU zum Parteiaustritt aufgefordert und mit einer Aufkündigung der Zusammenarbeit auf kommunaler Ebene gedroht, sollte die DSU das Bündnis mit den REP nicht annullieren.

NOTHDURFT: Diese Zusammenarbeit gab es in einigen wenigen Kommunalparlamenten, wo die DSU-Vertreter zusammen mit der CDU eine gemeinsame Fraktion gebildet haben. Das wird wohl beendet. Aber besonders ausgeprägt war die Zusammenarbeit nie. Ich glaube auch, daß das von der CDU nie besonders angestrebt worden ist. Wir haben zwar auch in der Vergangenheit Gespräche mit dem CDU-Landesvorsitzenden Karl-Heinz Daehre geführt, und ich war auch einmal zum Landesparteitag in Halberstadt eingeladen. Aber an der Tatsache, daß in der viertelstündigen Begrüßung jeder Kleingartenverein, nicht aber die DSU erwähnt wurde, kann man sehen, daß die CDU die Zusammenarbeit mit der DSU gar nicht wirklich wollte.

Ziel eines solchen Bündnisses rechter Parteien…

NOTHDURFT: …nationaler, patriotischer Kräfte, denen es um die eigenen deutschen Interessen geht, die stärker berücksichtigt werden müssen.

Ihr Ziel müßte doch sein, möglichst alle relevanten Kräfte anzusprechen. Können Sie sich eine Zusammenarbeit mit weiteren Parteien und Gruppierungen vorstellen?

NOTHDURFT: Wir wollen mit der gemeinsamen Liste, mit der Zusammenarbeit mit den Republikanern und der DE, ein Zeichen setzen, daß man auch gemeinsam etwas erreichen kann. Und Sie sehen selbst, wie schwierig genug allein dieses Zusammengehen in Sachsen-Anhalt ist. Deshalb denken wir zur Zeit überhaupt nicht daran, weitere Gruppen ins Boot zu nehmen. Wir wollen erst einmal diese Zusammenarbeit mit den Republikanern zu einem Erfolg bei der Landtagswahl am 26. April führen. Es geht darum, ob wir erfolgreich sind oder womöglich die DVU, die ja in Sachsen-Anhalt einen massiven Wahlkampf betreibt. Personell ist diese Partei zwar kaum präsent, sie verfügt aber über enorme Finanzmittel. Das kann dazu führen – wie in Hamburg –, daß die DVU recht erfolgreich abschneidet. Und da muß man sich doch fragen, was ist den anderen Parteien lieber, daß die DSU und die Republikaner als demokratisch-verfassungstreue Kräfte einen Erfolg erringen oder eben eine Partei wie die DVU.

Es gab doch auch Gespräche mit dem Bund Freier Bürger (BFB). Dieser lehnt allerdings jede Zusammenarbeit mit den REP kategorisch ab. Wurden mit dem jetzt gefaßten Beschluß solche Gespräche leichtfertig beendet?

NOTHDURFT: Das weiß ich nicht und glaube es auch nicht. Ich selber habe keine Gespräche mit dem BFB geführt. Das haben Vertreter des Bundesvorstandes gemacht. Aber diese Gespräche laufen schon seit mehreren Jahren – und bisher ist noch kein greifbares Resultat erzielt worden. Und diese Gespräche werden auch im Hinblick auf ein gemeinsames Antreten bei der Bundestagswahl im Herbst geführt. Die Landtagswahl in Sachsen-Anhalt spielt da keine Rolle. Ich kann mir eigentlich nicht denken, daß man das Bündnis bei dieser Landtagswahl zum Vorwand nimmt, um ein mögliches gemeinsames Antreten bei der Bundestagwahl auszuschließen, denn programmatisch gibt
es auch zum BFB keine großen Unter-
schiede.

Sie sehen zwischen der DSU, den REP und dem BFB also mehr Gemeinsamkeiten als Trennendes?

NOTHDURFT: So ist es. Deshalb verstehe ich auch nicht diese Abgrenzungsaktivitäten von seiten des Bundes Freier Bürger.

Wo sehen Sie denn Unterschiede zwischen diesen drei Parteien?

NOTHDURFT: Die DSU ist vor allem in den mitteldeutschen Ländern vertreten. In den Alt-Bundesländern eigentlich kaum. Wir haben zwar einen Ausdehnungsbeschluß gefaßt, aber der konnte nie richtig umgesetzt werden. Und aus der Tatsache, daß wir schwerpunktmäßig in den mitteldeutschen Ländern Sachsen, Thüringen, Sachsen-Anhalt, sowie in Berlin und Brandenburg präsent sind, ergibt sich automatisch, daß die DSU vor allem die Interessen der hier lebenden Menschen im Auge hat.


 
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