© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    13/98 20. März 1998

 
 
Kampagne: SPD beantragt Amtsenthebung von Siegmar Faust
Nähe zur Sekte unterstellt
von Konrad Kranz

Seine Gegner lassen keine Gelegenheit aus, den unbequemen Siegmar Faust anzugreifen. Diesmal reitet die sächsische SPD die Attacke. Gegen den Landesbeauftragen für die Stasi-Unterlagen soll ein Verfahren zur Amtsenthebung eingeleitet werden. Grund der überzogenen Aktion: die angebliche Nähe Fausts zu einer "rechten Psycho-Sekte". Faust, der die Behörde seit 1996 leitet, sei, so meint Joachim Richter von der SPD-Landtagsfraktion, für das sensible Amt nicht länger tragbar. Der Landesbeauftrage könne nicht helfen, die autoritären Strukturen eines Staates aufzuarbeiten, wenn er selbst "intensiven Kontakt zu einer autoritären Psycho-Sekte" unterhalte. Gemeint ist der "Verein zur Förderung der psychologischen Menschenkenntnis" (VPM), vor dem die Sektenbeauftragten der Länder seit einiger Zeit warnen.

Schon 1994 soll der VPM angeblich versucht haben, Einfluß in der Berliner "Gedenkbibliothek für die Opfer des Stalinismus" zu gewinnen. Und laut Sächsischem Justizministerium unterhalte Siegmar Faust seit einigen Jahren Kontakte zu Personen in Berlin und Zürich, die dem VPM angehörten oder ihm naheständen. Faust hätte vor einem Jahr an einer VPM-Schulungswoche in Zürich teilgenommen und dort ein Referat gehalten über das Thema "Wie geht die Bundesrepublik Deutschland mit den Opfern der zweiten deutschen Dikatur um?" Außerdem plane Faust für dieses Jahr ein Seminar in Dresden zum "Aufklärungskonzept seiner Behörde" , an der VPM-Mitglieder teilnehmen sollen.

Faust wird von der SPD vorgeworfen, nicht zum ersten Mal im "Dunstkreis" einer Sekte aufzutauchen. Bereits 1976, gerade aus vierjähriger Haft in der DDR entlassen, hielt er Vorträge bei der Mun-Sekte. Faust hat sich damals von den Zielen dieser Sekte distanziert. Auch diesmal hält er die Sache nicht für so schwerwiegend, sieht keinen Grund zum Rücktritt. Zum geplanten Seminar in Dresden hätte das Sächsische Staatsministerium auf Anfrage "keine Entscheidungsgrundlage geliefert, die eine Absage der Veranstaltung" rechtfertigte. Die Planungen zum strittigen Seminar seien aber auf Grund der Beurteilung des VPM durch die Staatsregierung im Januar 1998 eingestellt worden. Und eine "Zusammenarbeit zwischen VPM und der Behörde des Landesbeauftragten", erklärte Faust, "war zu keinem Zeitpunkt existent". Unterdessen hat die Enquete-Kommission des Deutschen Bundestages "Sogenannte Sekten und Psychogruppen" Presseberichten widersprochen, sie hätte bereits vor dem VPM in irgendeiner Form gewarnt.


 
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