© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    14/98 27. März 1998

 
 
Heimo Schwilk
Provokateur mit Esprit
von Markus Groth

Am kommenden Sonntag, dem 29. März, wäre Ernst Jünger 103 Jahre alt geworden. Heimo Schwilk war einer seiner letzten Besucher. Der Publizist weilte in Wilflingen, dem Heimatdorf Jüngers, im Zusammenhang mit der Arbeit an einer großangelegten, abschließenden Biographie, die im Piper Verlag erscheinen soll.

Schwilk, seit 1991 Leiter der Hauptstadt-Redaktion der Welt am Sonntag, ist dafür in dreierlei Hinsicht prädestiniert. Er ist nicht nur einer der profundesten Kenner des Jüngerschen Werkes; er gehörte auch zu den ganz wenigen, die im Hause des großen Dichters regelmäßig verkehrten. Darüber hinaus erwies sich Schwilk durch eine Reihe von Veröffentlichungen würdig, auch dem sprachlichen Anspruch des Jahrhundertschriftstellers genügen zu können. Ein Beispiel dafür ist der werkbiographische Essay in seiner 1988 bei Klett Cotta erschienenen Bildbiographie "Ernst Jünger – Leben und Werk in Bildern und Texten".

Heimo Schwilk wurde 1952 in Stuttgart geboren und besuchte die berühmten schwäbischen Klosterschulen Maulbronn und Blaubeuren. Im traditionsreichen evangelisch-theologischen Seminar Maulbronn studierte bereits im 16. Jahrhundert der spätere Astronom Johannes Kepler. Auch Hegel, Hölderlin, Mörike, Uhland und Hesse drückten hier die Schulbank. Von 1972 bis 1974 absolvierte Schwilk einen Wehrdienst als Fallschirmjäger; seitdem ist er Hauptmann der Reserve. Nach einem Studium der Philosophie, Germanistik und Geschichte in Tübingen ging Schwilk 1986 als Literaturredakteur zum Rheinischen Merkur nach Bonn. Im Januar 1991 gelang es ihm als einzigem deutschen Journalisten, in Riad und Dhahran für die Golfkriegs-Berichterstattung akkreditiert zu werden. Angesichts der alliierten Zensur fuhr er mit einem Mietwagen auf eigene Faust an die Front. Die Schilderung dieser waghalsigen Aktion ist in das Ullstein-Taschenbuch "Was man uns verschwieg – Der Golfkrieg in der Zensur" eingeflossen. Schwilk wurde für seine Berichterstattung aus dem Krieg mit dem renommierten Theodor-Wolff-Preis ausgezeichnet.

Im Herbst 1994 gab er zusammen mit Ulrich Schacht den Sammelband "Die Selbstbewußte Nation" heraus. Das Buch löste die größte Feuilleton-Debatte seit dem Historikerstreit von 1986 aus. Als einer der führenden Köpfe der neuen demokratischen Rechten profilierte sich Heimo Schwilk durch den von ihm mitinitiierten Appell zum 8. Mai 1945, mit dem zahlreiche Nichtlinke im April 1995 gegen die These von der Befreiung protestierten. Nicht seine letzte Provokation dürfte der Streit gewesen sein, den der von ihm und Ulrich Schacht verfaßte Essayband "Für eine Berliner Republik" entfachte. Dessen Präsentation durch Berlins Innensenator Jörg Schönbohm im Berliner Dom führte Anfang dieses Jahres zu einem Eklat im Berliner Abgeordnetenhaus.


 
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