© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    16/98 10. April 1998

 
 
Der Ausweg aus der Arbeitslosigkeit: Massenhafte neue Berufe, die wir unbedingt brauchen
Klasse Jobs der Zukunft
von Ilse Meuter

Ein Gespenst geht um in Europa: die Arbeitslosigkeit. Und wo die "Geißel der Gesellschaft" (Johannes B. Kerner) heute noch nicht ist, kann sie morgen schon sein.

Experten wissen, daß in Zukunft jeder im Laufe seines Erwerbslebens, sofern es dazu kommt, mindestens drei "Berufe" auszuüben haben wird. Der Markt hat sich globalisiert, was durchschlägt bis ins hinterletzte Baskenkaff, und als "Sachzwang zu lebenslangem Lernen" (Erich Böhme) bei "der Bevölkerung" (Harald Schmidt) ankommt. Da heißt es: früh sich krümmen, um nachmals ein besserverdienendes Häkchen werden zu dürfen. Den falschen Schultyp gebucht, die zukunftsunfähige Lehre absolviert, Lücken im Lebenslauf, mit dem Zensurenschnitt drei Zehntel unterm Limit gelandet – und schon ist die Zukunft Vergangenheit. Dann bleibt nur noch die kriminelle Laufbahn, das Bekenntnis zum Pennertum oder die Ochsentour durch die Hinterzimmer. Vom JU-Kreisvorsitz über den Parteitagsdelegierten bis ins Abgeordnetenbüro – zum Berufsparlamentarier reicht es immer noch. Devise: Er war Volksvertreter und auch sonst von mäßigem Verstand. Auf den Verstand kommt es bei der Massenflucht vor der Arbeitslosigkeit eh kaum an: gestern habilitiert, morgen an der Stütze krepiert. Da kann Vater Staat gar nix tun. Selbst ist der junge Mensch!

Die jüngst vom Freiburger Berufsbildungs-Instituts JOBJOY vorgestellte Studie "Neue Berufe – neue Chancen" weist den Weg zu dreizehn Ausbildungsgängen, die beste Perspektiven bieten, zumindest bis zum Jahr 2000. Optimale Aussichten darauf, von Arbeitslosigkeit verschont zu bleiben, hat z.B. der Systemgastronom: er leitet Filialen von McDonald’s, Burger King oder Wimpy, deren Personal offenbar zu 80 Prozent aus Immigranten besteht. Deshalb dürfte für diesen Job vorrangig der Typ "Herrenmensch mit Streifenschlips" in Frage kommen; nach drei Jahren Ausbildung wird der Herr des Fast-Food-Systems ebenso miserabel bezahlt wie seine Acht-Mark-zwanzig-Knechte.

Mindestens zehn Jahre Beschäftigungsgarantie verspricht der Mechatroniker-Beruf; was der exakt tut, weiß wahrscheinlich bloß Daniel Düsentrieb. Auf jeden Fall baut, installiert und kontrolliert der Mechatroniker Anlagen in der Industrie. Von ihm wird freilich hohe Mobilität verlangt, denn wenn Rotgrün Standort-Deutschland endgültig von schmutziger Produktion befreit haben wird, bleibt nur der Weg nach Westen.

Es empfiehlt sich die Kombination mit dem Ausbildungsgang Veranstaltungselektroniker, dessen Chancen mit steigenden Beschäftigungslosenzahlen steigen. Sein Feld ist die Planung, Installation, Inbetriebnahme und Kontrolle von Unterhaltungselektronik bei Großveranstaltungen der Popindustrie. Damit übernimmt er eine sehr verantwortungsvolle Aufgabe bei der Pazifizierung des sozialen Raums. Dicht dabei: Kaufmann für audiovisuelle Medien. Ständig wächst der Bedarf an Euro- bzw. Bundeswehrwerbespots, Wahlkampfstreifen, Kino-Werbefilmen, TV-Trailern, Präsentationsvideos und politisch korrekten Streifen für den Gemeinschaftskundeunterricht; auch Produktionsfirmen für Talk- und Spielshows schießen wie Pilze aus dem Boden, beste Aussichten! Man kontrolliert die Kosten der Produktionen und macht dem Vertrieb europaweit Beine.

Die EU kommt! Das nationale Recht stirbt, die Nachfrage nach Euro-Juristen wächst und wächst. Man studiert Eurorecht, lernt die acht wichtigsten Eurosprachen und verschafft seinen Klienten den Durchblick durch das Dickicht der Brüsseler Vorschriften, Anordnungen und Gesetze. Besonders gefragt: Spezialisten für Wettbewerbs-, Agrar- und Urheberrecht.

Zu den Berufen der Zukunft gehört auch die Fachangestellte für Informationsdienstleistungen; sie oder er beschaffen Bilder und Infos, pflegen Datenbanken, zum Beispiel über politische Rechts- bzw. Linksabweichler, Talibanmilizionäre ohne Aufenthaltsgenehmigung für den EU-Raum oder Parksünder. Man sammelt seine Daten grenzübergreifend und tauscht sie mit befreundeten Administrationen bzw. Sicherheitseinrichtungen in aller Welt aus, man berät Kunden und Anwender bei der Optimierung der Vernetzungsdichte. Diese Daten finden auch beim Finanz-Analysten Berücksichtigung.


 
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