© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    20/98  08. Mai 1998

 
 
Vom Stall zur Theke: Alles Gute vom Schwein holt man am besten beim Bauern
Und ran an den Speck!
von Jürgen Hatzenbichler

Karl mag Schweine. So sehr, daß er im Schnitt 300 Stück am Lindenhof hält. Natürlich vollwertig. Glückliche Schweine, die mit Menschen zusammenleben, bis ihr letztes Stündchen geschlagen hat. Denn die Schweine werden nicht gehalten, damit sie eines natürlichen Todes sterben, sondern um den Menschen zu erfreuen. Karl ist Bauer und pflegt seine kleinbäuerliche Struktur: "Nach heimischen Begriffen sind wir ein Mittelbetrieb. Nach EU-Maßen sind wir klein." Karl hat sich spezialisiert. Er bringt Schweine um.

In heimischen Landen leben die Menschen auch vom Fleisch, wenn auch nicht allein. Damit dieses Gelüst befriedigt werden kann, müssen Schweine sterben. Traditionell kann man aus toten Tieren vieles machen, was den gelernten Österreicher erfreut: Schinken, Speck, Schinkenspeck, Hartwürste, Salamis, Bratwürste und sonst noch allerhand. Karl hat sich auf diese Nische spezialisiert: "Angefangen haben wir vor 15 Jahren mit drei Schinken. Seit vier Jahren produzieren wir alles Gute, was vom Schwein kommt." Bäuerliche Direktvermarktung ist das Schlagwort. Wo ansonsten die Landwirtschaft stagniert, dort gibt es noch Lücken für den findigen Bauern. Und so sterben Jahr für Jahr mehr Schweine am Lindenhof.

Denn der Kundenkreis, der nur durch mündliche Werbung zufriedener Fleischesser angewachsen ist, ist seit Jahren konsequent im Wachsen begriffen. Das heurige Osterfest bot die Gelegenheit, einen neuen Verkaufsrekord aufzustellen. Tausende Würste fanden den Weg zum glücklichen Konsumenten. Diese sind mit den eßbaren Endprodukten deshalb so zufrieden, weil Karl eine einfache Betriebsphilosophie hat: "Wir verkaufen nur Fleischwaren, die wir auch selbst gerne essen würden." Qualität geht am Lindenhof vor Quantität, deswegen bekennt man auch, daß man schon am Produktionslimit angelangt ist: "Mehr als jetzt produzieren wir nicht, weil sonst die Qualität leiden wird." Stammkunden bestätigen Karl in seinem Erfolg. Über viele Kilometer pilgern sie auf den Lindenhof, um sich von ihrem Wurst-Dealer versorgen zu lassen. "Das sind die besten Würste, die man in Kärnten bekommen kann", meint Thomas überzeugt. Er findet regelmäßig seinen Weg zum Bauern, um sich mit Hartwürsten, Salamis und Speck einzudecken. Thomas: "Da weiß man, was man bekommt, und es schmeckt." Er ist ein überzeugter Verfechter der eingeschweißten Fleischwaren aus dem Supermarkt. "Nur die luftgetrockneten, mit Liebe gemachten Würste, wie man sie vom Bauern bekommt, schmecken so, daß man nicht genug davon bekommen kann", meint Thomas. Karl arbeitet für diesen Erfolg hart. Seine Schweine brauchen viel Zuwendung: "Wir haben eigentlich einen geschlossenen Produktionskreislauf. Vom Futter bis zum Endprodukt, den Würsten, wird alles selbst erzeugt." Der Aufwand, bis man die verkaufsfertige Ware hat, ist riesig. Die Schweine wollen unterhalten werden. Die Ferkel kommen auf dem Hof zur Welt, werden gehegt und gepflegt, liegen brav auf Stroh. Karl: "Durch die Strohhaltung sind die Schweine keinem Streß ausgesetzt. Das Fleisch ist für den Menschen besser verträglich." Tägliches, eigenhändiges Ausmisten ist ebenso angesagt wie persönliches Füttern. Für einen allein würde das rund fünf Stunden nur an Stallarbeiten ausmachen. Streß für den Landwirt verursachen aber die über 50 Muttersauen, die den Fleischnachschub zur Welt bringen. "Das fordert seinen Tribut", ächzt Karl. Immerhin hilft aber seine ganze Familie im Betrieb mit.

Der Erfolg gibt Karl recht. Er freut sich über die Anerkennung durch die Kunden: "Einzelne Leute sind sogar aus Deutschland oder aus Vorarlberg auf den Lindenhof gekommen, um sich ihre Osterjause zu holen."

Zum Tod der Schweine hat man beim Bauern natürliches Verhältnis. "Die Schweine haben ja ein glückliches Leben, bis sie ihrer Bestimmung zugeführt werden", meint Karl. Ihren Tod per Schlachtschußapperat würden sie gar nicht mehr mitbekommen. Trotzdem hat man am Lindenhof Respekt vor der Kreatur: "Spanferkel macht man aus unseren Schweinen keines! Ein 25-Kilo-Schwein am Spieß, das kann man nicht anschauen. Das ist wie Kindermord."


 
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