© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    24/98 05. Juni 1998

 
 
Parteien: Mechtersheimer verhandelt mit Frey
Gewiefte Taktiker
von Dieter Stein

Der Friedensforscher und ehemalige Bundestagsabgeordnete für die Grünen, Alfred Mechtersheimer, verhandelt mit dem Vorsitzenden der DVU, Gerhard Frey. Was bewegt ihn dabei? Und warum bestreitet er die Kontakte? Offensichtlich geht es um die Frage einer möglichen Kandidatur Mechtersheimers auf Wahllisten der DVU.

Man solle keine Berührungsängste haben, heißt es. Doch jenseits von Distanzierungsritualen, die eine zum Totalitären neigende "Öffentlichkeit" unterschiedlichen Gruppierungen und Strömungen verordnen will, gab und gibt es selbstgewählte Abneigungen gegenüber Kontakten mit bestimmten Personen und Zusammenhängen.

Alfred Mechtersheimer, Diplompolitologe und Oberstleutnant a. D., hat einen schillernden Werdegang hinter sich. Er beginnt seinen politischen Weg als CSU-Mitglied. Seine glänzenden Verbindungen zu arabischen Ländern lassen ihn früh zu einem Gegner der israelischen Nahostpolitik werden. Seine Ablehnung der NATO-Nachrüstung führt ihn von der CSU zur Friedensbewegung und zu den Grünen, für die er parteilos kandidiert und von 1987 bis 1990 im Bundestag sitzt.

Mechtersheimer ging danach neue Wege und suchte eine andere politische Heimat. 1995 initiierte er die "Deutschland-Bewegung" mit inzwischen einigen hundert Mitstreitern. Dabei ging er als Ex-Grüner bewußt auf nationale "Rechte" zu, wobei er deutliche Kritik an dieser "Rechten" äußerte: "Ich sehe die Verengung der politischen Inhalte. Ich begreife nicht, warum Konservative und Rechte sich die ökologische Frage haben aus der Hand nehmen lassen, denn sie ist eine wertkonservative Entdeckung." Und zum Frauenbild der traditionellen "Rechten" äußerte Mechtersheimer ablehnend: "Ich verstehe nicht den diffusen Antifeminismus." Einer Monopolisierung des Nationalen durch Rechte trat er entschieden entgegen: "Es ist falsch ‘national’ und ‘rechts’ als Synonym zu verwenden. (…) Mir ist eine nationale Linke lieber als eine internationalistische Rechte" (alle Zitate aus JF 12/95). Dies hätte durchaus als Gesprächsangebot auch für die politische Linke hierzulande gewertet werden können. Über ein Jahr später kritisiert Mechtersheimer im JF-Gespräch rechte Kleinparteien als zu wenig "landschaftsverändernd". Seine Deutschland-Bewegung habe das Problem der Nähe zu "chauvinistisch, antidemokratisch und militärisch" denkenden Menschen nicht, weil für diese seine Bewegung "zu humanitär, zu offen für linkes Gedankengut, zu ökologisch" sei. Seine Bewegung sei keine, "in der sich Rechtsextreme wohlfühlen" (JF 44/96). 1998 spricht Mechtersheimer mit Gerhard Frey über Zusammenarbeit…

Scheinbar gewiefte Taktiker der "Rechten" fordern, mit dem National-Zeitung-Verleger Frey müsse derjenige sprechen, der in Parlamente wolle, weil er in Sachsen-Anhalt erfolgreich gewesen sei und über "Millionen" verfüge. Und überhaupt: Am 27. September ginge es "um alles oder nichts", jetzt müsse "alles auf eine Karte" gesetzt werden. Über Programme und Personen könne später immer noch verhandelt werden, wiegeln die Westentaschen-Machiavellis ab.

Es ist nicht so, daß das, was Frey und die DVU verkörpern, etwa schrecklich radikal wäre. Frey ist mit seinem spießbürgerlichen Chauvinismus der erschreckend harmlose Sparringspartner des Bonner Kosmopolitismus und des "Weiter so". Seine Partei, die auf kritische Mitwirkung der Mitglieder verzichtet, ist nicht der Gegenentwurf zu den angeblich abgewirtschafteten "Bonner Parteien" – sie treibt die Korrumpierbarkeit einer Partei durch eine einzelne Person vielmehr auf die Spitze. Frey ist nicht zuletzt ein unappetitlicher Antisemit und Apologet des Dritten Reiches, der alles "Nationale" seit Jahrzehnten diskreditiert hat.

Alfred Mechtersheimer ist einmal als "Bewegungs-Politiker" angetreten, der basisdemokratische, autonome Initiativen und eine politische Gräben und Lager übergreifende Diskussion einforderte. Der kleine politische Hoffnungsschimmer, der auch schon auf der Linken ernsthaft registriert wurde, scheint mit seiner Annäherung an Frey nun zu erlöschen. Welcher Politiker außerhalb einer nationalen "Rechten" ist seit 1995 denn gewonnen worden für diese neue Bewegung? Statt dessen hat sich mit Rolf Stolz ein interessanter Exponent der nationalen Linken unter Protest gegen Mechtersheimers Anlehnungskurs an rechte Parteien zurückgezogen. Damals war sogar nur von den Republikanern die Rede, die DVU stand noch gar nicht zur Debatte.

Was ein interessanter und spannender Aufbruch einer bunten Truppe aus patriotischen Menschen unterschiedlicher politischer Strömungen hätte werden können, scheint im grauen 60er Jahre-Muff einer westdeutschen Alt-Rechten zu ersticken.

Das Duo Schönhuber und Mechtersheimer auf einer gemeinsamen DVU-Liste wäre ein tragikomisches Schmankerl im tristen Bundestagswahlkampf. Es wäre auch das letzte Wetterleuchten einer politischen Option ohne Vision und Zukunft, die sich durch die deutsche Einheit überholt hat.


 
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