© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    35/98 21. August 1998


Landtagswahl Bayern: Franz Schönhuber ruft zur Wahl von BFB-Chef Manfred Brunner auf
Ein durchsichtiges Manöver
Frank Philip

Bad Wiessee, ein kleiner Ort in Oberbayern, war vergangene Woche Schauplatz eines ungewöhnlichen Auftritts des Vorsitzenden des Bundes Freier Bürger (BFB), Manfred Brunner. Der Saal war mit rund 150 Gästen voll besetzt, in den hinteren Reihen drängten sich die Zuhörer, als mit einem Mal Unruhe aufkam. Alles wandte sich einem älteren Herrn zu, der mit seiner Frau still und unauffällig eingetreten war: Franz Schönhuber (75).

Auch Brunner bemerkte die beiden und begrüßte seinen "alten Freund" Schönhuber, den er schon seit vielen Jahren kenne; zunächst aus dessen Zeit bei den Münchner Boulevard-Blättern tz und Abendzeitung, später als Vorsitzenden des bayerischen Journalistenverbandes und stellvertretenden Chefredakteur des Bayerischen Rundfunks. "Auch wenn wir verschiedene Wege eingeschlagen haben, so habe ich Schönhuber immer als anregenden politischen Kopf und streitbaren Demokraten geschätzt", sagte Brunner. Doch seien ihre politischen Standorte verschieden: Er fühle sich als Nationalliberaler, während Schönhuber eher als "nationaler Sozialdemokrat" zu bezeichnen sei.

Der ehemalige Republikaner-Chef Schönhuber verfolgte Brunners Rede mit Aufmerksamkeit und spendete mehrmals demonstrativ Beifall. Anschließend meldete er sich zu Wort. Nein, er sei kein "nationaler Sozialdemokrat", sondern vielmehr ein "sozialer Patriot". Er freue sich sehr, zu Gast beim BFB zu sein und Manfred Brunner hier wiederzusehen. Wie kein anderer habe sich dieser in der EG-Kommission in Brüssel für deutsche Interessen eingesetzt, wofür er ihm Respekt zolle, sagte Schönhuber, der zu jener Zeit als Abgeordneter im Europaparlament saß.

Brunners Aussagen könne er nur voll und ganz unterstützen. Deshalb rufe er seine Anhänger und die DVU auf, bei der Landtagswahl in Bayern am 13. September den BFB zu wählen. Bei der Bundestagswahl vierzehn Tage später bitte er aber um die Stimme für sich als Spitzenkandidaten der DVU in Bayern. Über die Wahlen hinaus strebe er ein Bündnis aller rechten Kräfte in Deutschland an.

Es folgte ein Wortwechsel zwischen Brunner und Schönhuber, dem die Zuhörer gebannt folgten. Brunner bezeichnete Schönhubers Weg zur DVU als einen Fehler. Auch könne er die Wahlempfehlung nicht erwidern. Einer rechten Sammelbewegung erteilte er eine Absage, da die von Schönhuber genannten Parteien einen ganz anderen politischen Ansatz als der BFB hätten.

Der Tagespresse war der Besuch Schönhubers noch keine Notiz wert. Sollte es aber zu einer offiziellen Wahlempfehlung der DVU zugunsten des BFB kommen, so könnte dies die Wahlchancen der kleineren konservativen Parteien unter Umständen erheblich beeinflussen. Meinungsumfragen zufolge liegen die Republikaner drei Wochen vor der Wahl unverändert zwischen vier und fünf Prozent, wogegen der BFB laut einer Focus-Prognose auf rund zwei Prozent kommt. Sollten die DVU-Anhänger Schönhubers Aufruf in großer Zahl folgen, müssen die Republikaner damit rechnen, erneut an der Fünf-Prozent-Hürde zu scheitern.

Gegenüber der jungen freiheit bestritt Schönhuber allerdings, daß er sich bei seiner Wahlempfehlung für Brunner von persönlichen Gefühlen habe leiten lassen. "Es ist ein Märchen, daß ich mit den Republikanern abrechnen will", betonte deren Ex-Vorsitzender.

Ein Scheitern der Republikaner bei der bayerischen Landtagswahl liegt aber genau im Kalkül der DVU-Strategen, die anscheinend den Verzicht auf eine Kandidatur als möglicherweise folgenschwere Fehlentscheidung erkannt haben. Frey wollte damals das Image des strahlenden Siegers von Magdeburg durch einen möglichen Mißerfolg in Bayern nicht leichtfertig aufs Spiel setzen. Auch stand das komplizierte bayerische Wahlgesetz einer Teilnahme der DVU im Wege (die JF berichtete). Nun fürchtet man aber in der Parteizentrale ein blitzartiges Comeback der Republikaner durch ein gutes Ergebnis bei der Landtagswahl. Wie bei der Niedersachsen-Wahl im März, als Frey seine Anhänger für Schröder mobilisierte, will der DVU-Chef die Republikaner nun mit einer gezielten Wahlwerbung für den BFB schwächen. Die Republikaner setzen große Hoffnung auf die Landtagswahl. Gelingt es Schlierer nicht, am 13. September das Ruder herumzureißen, droht der Partei eine schwere Zerreißprobe zwischen den verschiedenen Flügeln. Hinter vorgehaltener Hand ist für den Fall einer Niederlage sogar von einem Auseinanderbrechen der Partei die Rede.

Dieses Szenario weisen die Republikaner weit von sich. Auf Anfrage der jungen freiheit zeigte sich der Landesvorsitzende Johann Gärtner siegessicher: "Wir machen uns keine Gedanken." Er wisse bereits von Schönhubers Auftritt. Der BFB, die DVU und die CSU bildeten ein "Syndikat", um den Einzug der Republikaner ins Maximilianeum zu verhindern. Gärtner verdächtigte außerdem Brunner und diverse CSU-Minister, auf der "Lohnliste von Frey" zu stehen.

Scharfe Kritik an der Wahlempfehlung Schönhubers für den Bund Freier Bürger übte auch der Bundesvorsitzende der Republikaner, Rolf Schlierer. Die Parteinahme zugunsten Brunners sei "ein Beweis mehr, mit welcher krankhaften Wut Schönhuber gegen die Republikaner zu Felde zieht", teilte Schlierer auf Anfrage der jungen freiheit mit. Damit falle er auch all jenen in den Rücken, die "jahrelang den Kopf hingehalten haben", so Schlierer.

Der BFB-Vorsitzende Brunner kündigte gegenüber dieser Zeitung an, er wolle Schönhuber demnächst in einem persönlichen Gespräch seine Gründe für eine Absage an eine rechte Sammelbewegung noch einmal auseinandersetzen. Brunner: "Hier sollen Parteien zusammengewürfelt werden, die nichts miteinander zu tun haben."


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