© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    46/98  06. November 1998

 
 
CD: Dire Straits
Begnadeter Gitarrist
Holger Stürenburg

Obgleich die Band um den begnadeten Gitarristen Mark Knopfler seit fast zehn Jahren nicht mehr besteht, sind ihre Hits bis heute aus keinem besseren Radioprogramm wegzudenken. Knopfler schaffte es zwischen 1978 und 1985, mit einfachen Mitteln unvergeßliche Ohrwürmer zu kreieren, die noch heute in allen Altersstufen gerne gehört werden. Zum Weihnachtsgeschäft ist nun eine Doppel-CD mit den größten Hits der Dire Straits in neu abgemischten Versionen sowie sieben Konzertaufnahmen von der ersten Solo-Tournee Mark Knopflers vor zwei Jahren erschienen. Sämtlichen Perioden der Dire Straits wird auf dieser CD-Kompilation gehuldigt. Es beginnt poporientiert, mit ein bißchen New Wave und Reggae vermengt, Ende der 70er mit verträumten und dennoch treibenden Balladen wie "Sultans of Swing", "Lady Writer" oder "Romeo and Juliet", bei denen vor allem Knopflers einmaliges "Fingerpicking"-Gitarrenspiel im Vordergrund steht. Daß sich die Band 1982/83 mit ellenlangen Epen ("Private Investigations" und "Love over Gold") verzettelt hatte, hat kaum negative Folgen. Ihr damals zeitgleich und bisher nur auf Vinyl-Maxi veröffentlichter Rock’n Roller "Twisting by the Pool" versöhnt den eher aufgeweckten Hörer schnell.

1985 avancierten die Dire Straits zu stadionfüllenden Weltstars als sie ihr Album "Brothers in Arms" auf den Markt brachten, das sich bis heute mehrere Millionen Mal verkaufte. Aus diesem Album sind auch gleich fünf stilistisch vollkommen verschiedene Lieder auf "The very Best of" enthalten. Die erste Single im Mai 1985, "So far away", rockte verhalten, eher ein bißchen düster-verklärt, während "Walk of Life" fröhlichen Mitsingpop bot. Die Ballade "Brothers in Arms" besticht durch Gitarren-ìZirpser" auf weiten Synthi-Wolken, während "Money for Nothing" munter darauf losrockt. Bei diesem Lied zeigt sich jedoch der einzige Schwachpunkt des aktuellen Samplers: Wahllos wurde "Money for Nothing" von fast acht Minuten im Original auf kaum mehr als vier gestutzt. Diese bei Hitkollektionen öfter angewandte Methode, Neumischungen abzuwürgen, war vielleicht aufgrund der CD-Höchstlänge von 73.5 Minuten nötig, nimmt aber der genialen Rockhymne viel von ihrem Charme, der sich beim harmonischen bzw. melodischen Aufbau des Arrangements wie von selbst ergibt.

Nach 1985 hatten sich die Dire Straits aufgelöst und taten sich ausschließlich aus monetären Gründen 1991 nochmals für ein Album und eine Tour zusammen. "Calling Elvis" und "Heavy Fuel", die für diesen Sampler vom 91er-Werk "On every Street" entnommen wurden, sind zwar gute, schnelle Rocker – mehr aber nicht. Die Zeit war über Dire Straits hinweggegangen und vieles, was Mitte der 80er noch innovativ wirkte, galt 1991 bereits als langweilig und altbacken.

Die zweite CD hingegen zeigt einen zwar gealterten, aber immer noch äußerst aktiven Mark Knopfler auf seiner ersten Solotournee. Da sein dazugehöriges Soloalbum "Golden Heart" mehr als nur schwach war, präsentiert man hier auch ausschließlich bekanntes Dire Straits-Material mit neuer Band eingespielt. Zwar hört man auf "Sultans of Swing" (über zehn Minuten!) bereits stimmliche Verfallserscheinungen bei Knopfler, aber "Walk of Life" und "Money for Nothing" beweisen, daß Knopfler kein allzu grandioser Sänger mehr ist (was er wohl auch nie war), aber immer noch ein herausragender Gitarrist mit einem spielerischen Können, das auch heute noch seinesgleichen sucht.


 
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