© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    50/98  04. Dezember 1998

 
 
CSU: Hans-Peter Uhl soll Münchens Rathaus erobern
Ein Mann fürs Grobe
Holger Stürenburg

Die Delegiertenversammlung des Münchener CSU-Bezirksverbandes hat am vergangenen Samstag einen Schlußpunkt unter eine seit über zwei Monaten andauernde Auseinandersetzung um einen geeigneten Kandidaten zu finden gesetzt, der bei der Münchner Oberbürgermeisterwahl im kommenden Juni dem seit 1993 mit einer rot-grünen Stadtratsmehrheit regierenden Christian Ude sein Amt streitig machen könnte.

Bereits in den letzten Tagen des Bundestagswahlkampfes 1998 schien das parteiinterne Rennen um die Kandidatenkür zwischen Monika Hohlmeier, der Tochter des früheren bayerischen Ministerpräsidenten Franz Josef Strauß, und dem ehemaligen, von Rot-Grün geschaßten Münchner Kreisverwaltungsreferenten Hans-Peter Uhl abzulaufen. Während Frau Hohlmeier mehr durch jugendliche Herzlichkeit und den Namen ihres Vaters Sympathien zugetragen bekam, denn durch besondere bisherige kommunalpolitische Leistungen, gilt Uhl in der bayerischen Landeshauptstadt als rechtschaffener Kämpfer für öffentliche Ordnung und Sicherheit. Dies hat ihm heftige Kritik nicht nur von OB Ude, sondern auch von der rot-grünen Stadtratsmehrheit und der linksliberalen Münchner Lokalpresse eingebracht.

Andererseits genießt er besonders bei der "schweigenden Mehrheit" der Münchner einen guten Ruf als konsequent handelnder Politiker mit Sinn und Verstand für Kommunalpolitik. Uhl hatte in der Vergangenheit immer wieder betont, äußerst gerne die Kandidatur gegen seinen Intimfeind Ude zu übernehmen. So schien er durchaus erleichtert, als der bayerische Ministerpräsident Edmund Stoiber nach seiner gewonnenen Landtagswahl Monika Hohlmeier als Kultusministerin in sein neues Kabinett holte.

Gauweiler wirkte erst müde, dann kämpferisch

Zu jenem Zeitpunkt war Uhl jedoch innerhalb des Münchner CSU-Verbandes mehr als umstritten; seine Geradlinigkeit und Deutlichkeit wurden ihm als Arroganz und Überheblichkeit ausgelegt. In den vergangenen Wochen kündigte auch der frisch gewählte Bundestagsabgeordnete Aribert Wolf, ein CSU-Nachwuchspolitiker mit einigem rhetorischen Geschick, Interesse an einer Kandidatur für das Amt des Oberbürgermeisters an, während kurze Zeit später der frühere Münchner Gesundheitsreferent und Anhänger des Bezirksvorsitzenden Peter Gauweiler, Thomas Zimmermann, bekanntgab, notfalls auch in einer Kampfabstimmung gegen Uhl antreten zu wollen.

Da mit Ausnahme des Münchner Merkur fast sämtliche Münchner Medien deutlich links ausgerichtet sind, stürzte man sich natürlich auf die CSU-internen Auseinandersetzungen zwischen einem angeblichen "Gauweiler-Lager" (das zunächst für Hohlmeier und später für Zimmermann votierte) und einer Unterstützergruppe Hans-Peter Uhls, die ihren Favoriten nach vorne bringen wollte.

Nachdem Zimmermann wenige Tage vor jener entscheidenden Delegiertenversammlung überraschend seine Ankündigung, gegen Uhl zu kandidieren, zurückzog, war der Weg für Hans-Peter Uhl frei. In dieser kurzen Zeitspanne zwischen Zimmermanns Rückzug und Uhls Nominierung gelang es dem Münchner CSU-Bezirksvorsitzenden Peter Gauweiler – der bislang nicht als größter Uhl-Freund galt –, nicht nur seinen Vorstand, sondern auch die Delegierten von dem Kandidaten Uhl zu überzeugen.

Ruhe und Geschlossenheit waren förmlich spürbar, als am Samstagvormittag der Bezirksparteitag von Gauweiler, erst scheinbar müde, dann schnell kämpferisch, eröffnet wurde. Und der lang anhaltende Applaus für den CSU-Bezirkschef, als er Uhl vorstellte und begrüßte, zeigte bereits kurz nach Beginn der Veranstaltung an, daß nun nichts mehr schiefgehen konnte.

Verschiedene Redner aus allen Ebenen und Untergruppen der CSU legten sich mächtig für Uhl ins Zeug: Staatsminister Kurt Faltlhauser, Münchens JU-Chef und neugewählter Landtagsabgeordneter Joachim Haedke, Frauenunion-Vorsitzende Elisabeth Schosser und Uhls Bundestagskollege Johannes Sing-hammer lobten Uhl, als hätte es eine Debatte um den geeignetsten Kandidaten niemals gegeben.

Delegierte bedankten sich mit deutlicher Mehrheit

Uhl ergriff als letzter das Wort und legte in seiner Rede dar, welche Punkte er in seinem Wahlkampf hervorheben werde. Einen zweiten "Mehmet"-Wahlkampf werde es mit ihm zwar nicht geben, aber die "Überfremdung in Schulklassen und einzelnen Wohnblocks" solle durchaus deutlich thematisiert werden. Auch die Verkehrspolitik, die letztendlich von den Münchner Grünen und ihrer altsozialistischen autofeindlichen Haltung dominiert werde, wolle man aufgreifen. Das von Rot-Grün aufgestellte "Denktabu über Sozialhilfemißbrauch" werde von ihm "aufgebrochen".

Vor allem solle der SPD-Obürgermeister "gestellt werden". Christian Ude sei bundesweit dafür bekannt, innerhalb einer einstündigen Diskussion alle 20 Minuten seine Meinung hundertprozentig zu ändern, um es einerseits seinen Koalitionspartnern aus Grünen, Öko-Mini-Gruppen und einer Homosexuellen-Partei recht zu machen, und andererseits der bürgerlichen Mehrheit in München vorzugaukeln, ausschließlich ihre Interessen zu vertreten. "Ein guter Festredner" sei Ude, so Uhl, der "morgens ein Kloster und abends ein Bordell" mit gleich überzeugender Rhetorik eröffnen und es beiden Klientelen adäquat recht machen könne.

Uhl sieht im Gegensatz zur "veröffentlichten Meinung" (und auch der mancher pessimistischer Parteifreunde) eine reale Chance, das SPD-Stadtoberhaupt im Juni kommenden Jahres aus dem Amt drängen zu können. In Anbetracht des chaotischen Starts der rot-grünen Bundesregierung und vor allem der täglich zunehmenden Verärgerung vieler Wähler, wen sie da eigentlich ausschließlich aus Kohl-Überdruß und ohne jegliche Sympathie für Lafontaine’schen Altsozialismus und grün-linke Ökohysterie in die Regierung gewählt haben, könnte diese allgemeine öffentliche Enttäuschung durchaus dazu beitragen, daß München ab Juni 1999 nach über 20 Jahren wieder von einem Unionsbürgermeister regiert wird.

Die Delegierten bedankten sich für Uhls deutliche Aussprache nicht nur wiederholt mit langem Klatschen, sondern vor allem auch mit einer deutlichen Mehrheit bei der Kandidatenkür. Von 158 Stimmberechtigten votierten 134 für Uhl, sechs Stimmen waren ungültig, und nur 18 Delegierte votierten gegen ihn. Ein sichtlich dankbarer Uhl nahm haufenweise Glückwünsche entgegen, und auch Peter Gauweiler schien äußerst zufrieden mit seiner Leistung, den oft zerstrittenen Münchner Bezirksverband in kürzester Zeit zu einer deutlichen Geschlossenheit zusammengeführt zu haben.

Mit Hans-Peter Uhl kandidiert kein linksliberaler Zeitgeistjünger für Münchens höchstes kommunales Amt, auch kein kopflastiger Leisetreter, sondern ein Mann fürs Grobe. Der CSU-Politiker scheut nicht nur keine Auseinandersetzungen mit dem politischen Gegner, sondern provoziert diese oft aus Überzeugung von sich aus. Uhls Interesse gilt nicht den immer wieder hofierten Schicki-Micki-Randgruppen, sondern den bodenständigen Münchnern.


 
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