© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    50/98  04. Dezember 1998

 
 
Kino: "Kai Rabe gegen die Vatikankiller" von Thomas Jahn
Klischees und Klamauk
Ellen Kositza

Sein Regie-Debüt "Knockin’on heavens door" mag Thomas Jahn im vergangenen Jahr zu einer goldenen Nase verholfen haben; ein auf jeden Fall verdienter Erfolg. Während manche Menschen von Erfolg angespornt werden, pflegen sich andere auf ihren Lorbeeren auszuruhen – hier hat man es wohl eher mit letzterem zu tun. Interpretiert man die Sachlage anders, so erscheint Jahns aktuelles Werk als bittere Antwort auf die Frage, für wie dumm deutsche Filmemacher ihr Publikum halten.

Der neue Film, dem gleichzeitig ein Drehbuch aus der Feder des Regisseurs zugrundeliegt, möchte satirisch überspitzt zeigen, wie es so zugeht am Drehort, und daß in dieser Szene jeder der Feind eines jeden anderen sei. Bedient wird sich dazu des Schemas "Film im Film"; "Die Vatikankiller" ist dabei der Filmtitel der zweiten Ebene, und dort geht es bei den Dreharbeiten derart "kunterbunt" zu, daß man meistens sehr genau weiß, ob man lachen oder gähnen soll. Es gibt in der Tat kein Klischee, das von Jahn ausgelassen wird, und falls genau das hier die schöpferische Methode darstellen soll, so ist sie jedenfalls verfehlt.

Da ist der idealistische und doch trottelig-weltfremde Regisseur, dann der bonzige, eiskalt kalkulierende Produzent (immerhin eine erstklassige schauspielerische Leistung: Heinz Hoenig), vor dessen stets offenem Hosenlatz sich die schönen Starlets tummeln, daneben ein genialer, aber verwirrter Drehbuchschreiber (Jan-Josef Liefers). Die Handlung, die hinter den müden Slapstick-Einlagen zurückstehen muß und ohne weiteren Belang ist, erschöpft sich darin, daß rätselhafte Morde im Zusammenhang mit den Dreharbeiten geschehen. Ein unfähiger Kommissar (Klaus Behrendt), eine schlecht gelungene Verkörperung der midlife-crisis, soll den Fall lösen und verliebt sich dabei in die Schauspielerin Maria Rall (Sandra Speichert). Viel mehr passiert nicht: Klamauk und mißglückte Überzeichnung der Rest.

Den permanent saufenden Filmstar Kai Rabe mit unsäglichen Allüren spielt der zarte Steffen Wink, spätestens seit Doris Dörries "Bin ich schön?" neuer Teenie-Schwarm und gleichzeitig eine fragile, fast mädchenhafte Version von Til Schweiger, den nahezu identischen Tonfall und die zwischen Näseln und Kieksen changierende Stimmlage eingeschlossen.

Das Ganze erinnert stark an Laientheater, für manche Einfälle des Regisseurs möchte man sich beinahe schämen, etwa für Winks erbärmliche und abgedroschene Hitler-Parodie oder wenn Stefan Jürgens als Regisseur des Films im Film augendrehend in Ohnmacht fällt wie der gute Bert aus der Sesamstraße.

Daß Thomas Jahns Werk mit einer Starbesetzung aufwartet, ist im Grunde längst kein bedeutsames Prädikat mehr, rekrutiert sich doch mehr oder minder jeder in Deutschland produzierte Kinofilm aus derselben, in ihrer Zusammensetzung recht statischen Schauspielerriege. Für Überraschungen sorgen hier aber immerhin die zahlreichen Gastauftritte solcher Prominenter, die nicht eigentlich Schauspieler sind und entsprechend ihrer wirklichen Berufstätigkeit und ihrer speziellen Eigenheiten in den Film integriert werden: die dreiste Bärbel Schäfer und Roger Willemsen mit seinem eintätowierten Lächeln als TV-Journalisten etwa oder der unsägliche Herr Kalkofe als Moderator einer Talkshow. Größere Rollen spielen auch die beiden RTL-Komiker Stefan Jürgens und Mirko Nontschew, und passenderweise verläßt das Niveau der Witzchen auch bei den "Vatikankillern" selten die Niederungen der peinlichen "Samstag Nacht"-Einfälle. Wegsehen hilft Zeit sparen.


 
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