© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    51/98  11. Dezember 1998

 
 
Geburtstag: Friedensreich Hundertwasser zum 70.
Eine poetische Handschrift
Michael de Wet

Seine mit kräftigen Farben bemalten und von Kuppeln bekrönten Häuser gelten als Musterbeispiel eines organischen Baustils. Am bekanntesten ist das Haus in der Löwengasse zu Wien, das den Namen seines Bauherrn trägt: Friedensreich Hundertwasser. Der Architekt und Maler feiert am 15. Dezember seinen 70. Geburtstag.

Hundertwasser, mit bürgerlichem Namen Friedrich Strowasser, wurde in Wien geboren, wo er auch eine Ausbildung als Maler und Grafiker erfuhr. Seine früheren Werke sind in expressionistischem Stil gehalten, später entwickelte sich seine charakteristische, an der Tradition des Jugendstils orientierte, ornamental wuchernde, poetisch-naive und starkfarbige eigene Handschrift.

Seine Architektur versteht er selbst als eine Kampfansage an die funktionale Kälte und Gleichförmigkeit der Moderne. Der "Unmoral" der geraden Linie und der "Fertigteilarchitektur" setzt Hundertwasser Bauten entgegen, die bewußt auf gewohnte geometrische, proportionale und perspektivische Verhältnisse verzichten und durch allenthalben wucherndes Grün geprägt sind.

Seit den siebziger Jahren engagierte Friedensreich Hundertwasser sich in der Umweltbewegung. Dort findet seine Architektur allerdings nicht nur Freunde. Seine Bauten seien im Kern konventionell und aus konventionellen Baustoffen und ihre Gestaltung "nicht viel mehr als eine anspruchsvolle Tapete", erklärte der ökologisch ausgerichtete Architekt Ludwig Sabel kürzlich in dem Magazin natur. Diese Kritik ficht Hundertwasser nicht an: "Alle meine Architekturen sind ökologisch. Sind denn Holz, Ziegel, Erde keine ökologischen Materialien?"

Was ihm aber am wichtigsten sei, ist die Verwendung von belebter Form als "Mittel gegen Häßlichkeit". In diesem Punkt dürfte er die Sympathien für sich haben.


 
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