© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    01/00 24. Dezember / 31. Dezember 1999


Zeitschriftenkritik: Mensch und Maß
Primat des Funktionierens
Claus-M. Wolfschlag

Bereits seit 1960 erscheint kontinuierlich die kleine Zeitschrift Mensch und Maß im DIN A5-Format, weitgehend unbeachtet selbst von der Öffentlichkeit des "nationalen Lagers". Dies mag am sektiererischen Ruf liegen, der dem Blatt anhaftet. Mensch und Maß wird maßgeblich geleitet von Vertretern des "Bundes für Gotterkenntnis", also der sogenannten Ludendorff-Bewegung.

Die Bewegung entstand in den zwanziger Jahren und basierte auf Mathilde Ludendorffs Gedanken einer Verbindung nationalpolitischer und antichristlich-religiöser Zielsetzungen. Dabei durchlief man Höhen und Tiefen: die Verfolgungen während der NS-Zeit, die Probleme mit den Entnazifizierungskammern in der Nachkriegszeit, die Verbotsversuche der Bundesregierung in den sechziger Jahren, wie auch die Auseinandersetzungen mit "Antifaschisten" und journalistischen Kampagnen in heutiger Zeit.

Oft wird in Mensch und Maß Bezug auf weltanschauliche Gedanken Mathilde Ludendorffs genommen, in Literaturauszügen oder teils umständlich formulierten religionskritischen Theorieartikeln. Dabei werden zahlreiche Entwicklungen der modernen Gesellschaft (Kindermangel, Pazifismus, Atheismus) leider etwas zu stark unter dem Primat des "Funktionierens" für das Volksganze beklagt – ohne zu erkennen, daß Gesellschaft auch natürlichem Wandel unterliegt und patriotische "Pflichterfüllung" nicht mit dem erhobenen Zeigefinger eingefordert kann.

Mensch und Maß versteht sich über den Ludendorff-Rahmen hinaus als Magazin für den politischen Austausch. So findet man hier bisweilen durchaus fundiert vorgetragene Gesellschaftskritiken, beispielsweise zum Multikulturalismus, zur Rechtschreibreform, zur innenpolitischen Lage, zur Kriminalitätsrate und Korruption in Deutschland, zum islamischen Fundamentalismus, zu Umweltkatastrophen. Breiten Raum nehmen historische Themen ein, von Vor- bis Zeitgeschichte. Selten erscheinen auch kleine kulturgeschichtliche Artikel. Buchbesprechungen und Veranstaltungsankündigungen runden das Periodikum ab.

All dies erscheint ein wenig unstrukturiert. Dennoch, oder vielleicht auch deswegen, kann sich Mensch und Maß als durchaus kurzweilige Lektüre erweisen, die immer wieder durch recht sorgfältig herausgearbeitete Einzelartikel überrascht.

"Mensch und Maß " erscheint vierzehntägig im Umfang von 48 Seiten im Ver/ag Hohe Warte GmbH, Tutzinger Str. 46, 82396 Pähl. Einzelheft: 6 Mark, Abonnement: Vierteljährlich 33 Mark.


 
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