© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    01/99  01. Januar 1999

 
 
Interview: Heiner Kappel zum Rückzug von BFB-Chef Brunner
"Enorme Turbulenzen"
Thorsten Thaler

Herr Kappel, Ihr Parteivorsitzender Manfred Brunner hat kurz vor Weihnachten angekündigt, den Vorsitz der Partei niederlegen und aus dem Bund Freier Bürger austreten zu wollen. Wie überraschend kam diese Ankündigung für Sie?

Kappel: Ich habe es, wie alle anderen Mitmenschen auch, aus der Zeitung erfahren.

Ist es nicht ungewöhnlich, daß die beiden führenden Köpfe der Partei über so eine wichtige Frage nicht vorher sprechen?

Kappel: Ich denke, daß ich das jetzt nicht kommentieren muß.

Als einen Grund für seinen Rückzug hat Manfred Brunner einen Richtungsstreit innerhalb des BFB genannt. Was können Sie sich darunter vorstellen?

Kappel: Für mich wird die Sache immer deutlicher. Ich erhalte eben eine Presseerklärung des stellvertretenen Bundesvorsitzenden Gemeiner. Darin behauptet dieser, ich würde Kooperationsmodelle mit Schlierer und mit wem auch immer inszenieren. das ist angeblich der Grund der Auseinandersetzung. Inzwischen glaube ich nicht mehr an einen Zufall, sondern an eine ganz miese Inszenierung, die hier abgezogen wird. Gemeinsam haben wir im hessischen Landesvorstand beschlossen, über die Landtagswahl mit den Republikanern, aber auch mit anderen Parteien zu reden, um zu orten, wer antritt und wie die Sachlage aussieht. Diese Gespräche haben stattgefunden – und mehr nicht.

Aber richtig ist doch wohl schon, daß es unterschiedliche Auffassungen gibt ...

Kappel: Auch im BFB gibt es unterschiedliche Auffassungen. Natürlich überlegt man, ob die Partei mit 0,3 Prozent auf Dauer überleben kann. Es wird auch überlegt, ob sich ein bürgerlich-liberal-konservatives Lager nicht zusammenfinden kann. Aber kein Mensch im BFB will, daß dieser in einer anderen Partei aufgeht oder daß man blind Fusionen eingeht.

Das hat Manfred Brunner offenbar anders gesehen ...

Kappel: Vielleicht. Sie können sich aber nicht vorstellen, wieviel Unsinn in Pamphleten während der letzten Wochen in der Partei verbreitet wurde. Es ist unglaublich, was da an Schwachsinn produziert wurde.

Haben Sie mit Manfred Brunner Kontakt gehabt in der Frage, wie man sich gegenüber anderen Parteien verhalten sollte?

Kappel: Natürlich haben wir auch darüber gesprochen. Die Fairness gebietet, daß ich jetzt nicht ins Detail gehe. Wir waren uns aber im Grunde genommen in den vergangenen Monaten immer über Vorgehen und Ziel der Partei einig, und ich wundere mich nicht wenig über das Affentheater, das jetzt inszeniert wird.

Wie geht es mit dem BFB weiter?

Kappel: Ich fürchte, wir werden auch in den nächsten Wochen noch enorme Turbulenzen erleben. Was mir am meisten Sorge macht und was mich in der Tat niederschlägt, ist, daß solche Ereignisse mitten in die Vorbereitung zum hessischen Wahlkampf fallen. Törichter und im Grunde genommen zerstörerischer, als das im Augenblick in der Partei geschieht, kann man sich nicht mehr verhalten. Wie wir den Wahlkampf bestehen wollen, ist mir gegenwärtig ein Rätsel.

Ist der Bund Freier Bürger tot mit dem Ausscheiden Brunners?

Kappel: Nein, ganz gewiß nicht. Ich bedauere, daß Brunner seinen Vorsitz abgibt, und ich bedauere auch, daß er geht. Aber wenn eine Partei, die vorgibt, eine freiheitliche Partei zu sein, eine Ein-Mann-Partei wäre, dann würde es schlecht um sie stehen. Ob Brunner oder Kappel oder ein Dritter – es kann ja wohl nicht sein, daß Schritte dieser einzelnen Personen entscheiden, ob eine Partei weiterbesteht oder nicht.

Es gibt Gerüchte, wonach nicht nur Brunner allein die Partei verlassen will, sondern mit ihm eine Vielzahl von Mitgliedern, auch Führungspersönlichkeiten.

Kappel: Ja, das ist zu erwarten. Es werden Parteifreunde gehen, die über die Querelen in der Partei, die überhaupt nicht hätten sein müssen, enttäuscht sind. Das muß man in Kauf nehmen. Es werden aber auch neue Parteimitglieder dazukommen, und ich bin überzeugt davon, daß die Partei nicht untergeht.

Aber zunächst läuft es auf eine weitere Maginalisierung des BFB hinaus?

Kappel: Nach dem Aufschwung im vorigen Frühjahr ist dieser Rückschlag schlimm genug.

Dann bestreiten Sie also nicht, daß es dazu kommen kann?

Kappel: Natürlich kann es dazu kommen. Ich werde aber alles tun, um eine negative Entwicklung zu verhindern. Was im Augenblick geschieht, ist jedoch alles andere als erfreulich. Es wäre unehrlich, wollte ich meine Sorgen verheimlichen. Nach jedem Sturm kommt aber bekanntlich wieder der blaue Himmel.

Werden Sie versuchen, Manfred Brunner zum Bleiben zu überreden?

Kappel: Nein.

Warum nicht?

Kappel: Ich unterstelle Manfred Brunner, daß er nicht von heute auf morgen oder aus reiner Emotion eine Entscheidung trifft. Er muß wissen, was er entschieden hat, und ich werde ihm nicht reinreden. Wie würde Brunner auch dastehen, wenn er heute eine Ankündigung in die eine Richtung macht und am nächsten Tag eine gegenteilige Entscheidung träfe. Das mute ich ihm nicht zu. Ich denke, Brunner weiß selbst, was und wohin er will.

Wird der neue Vorsitzende des BFB Heiner Kappel heißen?

Kappel: Die Partei muß entscheiden, wer Vorsitzender wird. Ich dränge mich nicht nach diesem Amt. Als wir fusionierten, ging es mir um die Sache und nicht um den Parteivorsitz. Ich werde auch, wenn jetzt eine neue Führung gewählt wird, ganz normal zur Verfügung stehen.

Das heißt im Klartext, Sie werden kandidieren?

Kappel: Wenn ich aufgefordert werde, ja.


 
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