© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    01/99  01. Januar 1999

 
 
Zeitschriftenkritik: "Der Funke"
Quälende Gedanken
Werner Olles

Eigenen Angaben zufolge sitzt Dieter Schütt, Herausgeber, Chefredakteur und Autor der "radikalökologischen, undogmatischen und kulturrevolutionären" Hamburger Zeitschrift Der Funke seit 1971 an der Schreibmaschine, "um Gedanken, die mich quälen, auf Papier zu bringen". Auf den naheliegenden Gedanken, daß er damit auch andere Menschen quälen könnte, ist Schütt offenbar noch nicht gekommen. Dafür hat er dem "Funken" ab 1997 noch die netten Attribute "querdenkerisch, tabubrechend, intuitiv und vorausschauend" aufs Titelblatt geschrieben. Den etwa hundert "Leserinnen" seiner Zeitschrift bescheinigt er gern, ohne sie "an dieser Welt zu verzweifeln, irgendwo auf eine kleine Insel auszuwandern".

Der Funke hält neben allerlei Politischem aber auch immer ein paar praktische Tips bereit, ob es nun um gutes Mineralwasser (St. Gero) geht oder um gemeinsame Leserreisen. War man früher zu Gast in Albanien, wo allerdings seit Enver Hoxhas Abgang nun leider die "übelste Reaktion" herrscht, so trifft man sich heuer lieber im warmen Tunesien. Vehement tritt Schütt aber dem "Rufmord" entgegen, er "würde nur nach Tunesien fahren, um dort kleine Jungs zu bumsen". Zu diesen "verkrüppelten Reaktionären", die sich "auch noch als links bezeichnen", zieht er lieber einen klaren Trennungsstrich.

Zwischen einem Interview mit seiner 85jährigen Mutter und diversen "Leserinnen"-briefen aus eigener Feder, mit denen er seit 1953 Hamburger und andere Zeitungen überfallartig beglückt, wird auch schon mal ein von einem durchgeknallten Neonazi erschossener Polizist anhand seines Fotos als "gestutzte Kreatur, herrschsüchtig und brutal" biologisiert. Hobbypsychologe Schütt wörtlich: "Es würde mich nicht wundern, wenn hier unbewußt zwei ähnliche Charaktere sich tödlich angezogen hätten". Das Lachen bleibt einem auch im Hals stecken, wenn Schütt einen Kommentar aus dem Anarcho-Magazin "Schwarze Garde" abdruckt, in dem der Unfalltod von vier Bundesgrenzschützern lauthals bejubelt und der Hoffnung Ausdruck gegeben wird, daß so etwas öfter passieren müßte.

Aus irgendwelchen unerfindlichen Gründen haben Schütt und sein Funke seit Anfang der 80er Jahre freundschaftliche Beziehungen zu sogenannten "Nationalrevolutionären". Ob man hier solche Schüttsche Bonmots einfach überliest? Es mag ja noch angehen, daß "Honecker kein schlechter Mensch war, weil er den § 175 in der DDR abschaffte", oder André Brie dem "lieben Dieter" für seine Plakatvorschläge und Slogans für den PDS-Wahlkampf herzlich dankt.

Spätestens wenn Schütt jedoch den deutschen Juden eine Mitschuld an ihrem Schicksal gibt, "weil sie in ihrer Mehrheit politisch naiv und zum Teil auch rechtslastig waren", müßte Schluß mit lustig sein und irgend jemand dem Alt-Maoisten und GAL-Mitglied die Meinung geigen, daß die "Funken" fliegen. Bis dahin wird Schütt sich selbst und seine hundert "Leserinnen" wohl weiter quälen.

Anschrift: "Der Funke", Postfach 501722, 22717 Hamburg. Das Abo kostet 50 DM.


 
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