© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    06/99 05. Februar 1999


Südafrika: Mandelas Staat versinkt im Chaos / Kriminalität explodiert
Mord und Todschlag am Kap
Claus Nordbruch

In der vorvergangenen Woche legte in Pretoria die südafrikanische Polizei die jüngste Kriminalitätsstatistik vor, und diese ist mehr als ernüchternd: Südafrika droht im Sumpf der Kriminalität unterzugehen. Nach Jahren steigender Tendenz pendeln sich die Zahlen nun auf einem international konkurrenzlos hohen Niveau ein. In allen Verbrechenssparten steht Südafrika heute ausnahmslos auf Platz 1 oder 2 der internationalen Verbrechensstatistik (siehe Grafik).

Die schauerliche Bilanz für1998: In Südafrika sind 36.400 Frauen und Mädchen vergewaltigt worden; in 170.000 Wohnungen und Privathäusern, sowie 70.700 Geschäfte wurde eingebrochen; 11.500 Autos wurden "entführt"; ferner wurden 30.800 Fälle schweren Diebstahls gemeldet, wobei Autodiebstahl extra aufgeführt wird: 81.900 Autos wurden gestohlen, in 142.450 Autos wurde eingebrochen; 319.000 "gewöhnliche" Diebstähle runden diese Sparte ab. Weiter wurden 171.500 Fälle schwerer Körperverletzung registriert, denen 148.650 minderer Art hinzuzuzählen sind. Ebenso wurden 30.800 Rauschgiftdelikte verfolgt, exklusive der 18.550 Vorfälle, bei denen Autofahrer unter Alkohol- oder Drogeneinfluß festgenommen werden mußten. 47.250 mal wurde die Staatsanwaltschaft in Delikten wie Betrug, Geldfälschung und Korruption tätig. Und endlich mußten 7.700 Fälle von schwerer Brandstiftung und 94.850 von schwerer Sachbeschädigung untersucht werden.

Die Dunkelziffer dürfte noch um ein erhebliches höher liegen, denn mitnichten wird jede Straftat gemeldet und in die Statistik aufgenommen. Zu den Zahlen von 1998 lagen zu Redaktionsschluß keine Vergleichszahlen vor.

Was nach Angaben der Polizei große Sorgen bereitet, ist, daß sich die Zahl der genannten Verbrechen seit der Machtübernahme des ANC und der Kommunisten im April 1994 –, auf diesem hohen Niveau bewegt und eine Änderung der Tendenz nicht in Sicht ist. Die Verhältnisse in Frankfurt am Main, in Chicago oder in Bogota muten im Vergleich zu denen in Kapstadt, Johannesburg und Pretoria geradezu paradiesisch an.

Tatsächlich droht Südafrika das allgemeine Chaos. Dies haben zwischenzeitlich auch viele liberale Kritiker erkannt. Die Stimmen werden lauter, die meinen, daß man die Explosion der Verbrechen wirkunsvoll bekäpfen könnte, das ANC-Regime dies aber gar nicht wolle, da die Chaosstrategie zum Konzept der totalen Machtübernahme durch die Kommunisten gehöre. Tatsächlich hat diese Vermutung etwas für sich: Der ohnehin bereits beachtliche Einfluß der Kommunisten in der Regierung und im Parlament wurde jüngst verstärkt, als verschiedene vakante Regierungsposten und Ämter innerhalb des ANC ausschließlich an "verdiente Kämpfer der Kommunistischen Partei" vergeben wurden: Hierzu zählen besonders die Ernennungen von Jacob Zuma zum stellvertretenden ANC-Präsidenten, von Sam Shilowa zum Generalsekretär des größten Gewerkschaftsbundes (Cosatu) und von Gil Marcus zur stellvertretenden Finanzministerin.

Der Eindruck liegt nahe, daß sich extreme Kräfte in Südafrika zum entscheidenden Schlag formieren: Auf der einen Seite läßt man dem Niedergang der öffentlichen Ordnung freien Lauf. Auf der anderen Seite sichern die parlamentarischen Revolutionäre das bisher Erreichte ab und gehen unter Führung des künftigen Präsidenten Thabo Mbeki in Stellung: Im Juni wird in Südafrika gewählt und dann soll nach dem Willen der Revolutionäre nach der bürgerlichen Revolution endlich die sozialistische anlaufen.


 
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