© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    07/99 12. Februar 1999


Hessen-Wahl: CDU triumphiert / SPD wankt / Republikaner enttäuscht
Gelbe Karte für Schröder
Thorsten Thaler

Nach ihrem Wahlsieg bei der hessischen Landtagswahl will die Union ihre Unterschriftenkampagne für die Integration von Ausländern bei gleichzeitiger Ablehnung einer generellen doppelten Staatsbürgerschaft so lange fortsetzen, bis die rot-grüne Bundesregierung ihr von einer Mehrheit der Bevölkerung abgelehntes Vorhaben aufgibt. Das erklärte CDU-Chef Wolfgang Schäuble nach dem Wahlerfolg seiner Partei. Mit 43,4 Prozent war die CDU vergangenen Sonntag stärkste politische Kraft in Hessen geworden (siehe Graphik). In einer Koalition mit der FDP stellt sie künftig den Ministerpräsidenten. CDU-Spitzenkandidat Roland Koch will seine Regierungsbildung bis Ende März abgeschlossen haben.

Als "Arroganz der Macht" und "gelbe Karte" für Bundeskanzler Schröder bezeichnete der CSU-Vorsitzende Edmund Stoiber das Wahlergebnis. Nach dem Verlust der Mehrheit im Bundesrat könne Rot-Grün die doppelte Staatsbürgerschaft nicht mehr alleine durchsetzen. Die Bereitschaft zur Kooperation werde steigen, zeigte sich der bayerische Ministerpräsident überzeugt.

Tatsächlich mehren sich die Anzeichen, daß die SPD nach ihrer Wahlschlappe in Hessen auf die Union zugehen will und einen Kompromiß in der Frage der doppelten Staatsbürgerschaft sucht. Führende SPD-Politiker wie Schleswig-Holsteins Ministerpräsidentin Heide Simonis und der niedersächsische Regierungschef Gerhard Glogowski signalisierten Gesprächsbereitschaft. Auch SPD-Bundesgeschäftsführer Ottmar Schreiner sprach sich für einen "parteiübergreifenden Konsens" aus.

Die Grünen hingegen wollen uneingeschränkt an der geplanten Einführung einer doppelten Staatsbürgerschaft festhalten. Die Ausländerbeauftragte der Bundesregierung, die Grünen-Politikerin Marieluise Beck, rechnet allerdings nicht mehr damit, daß der von Innenminister Schily vorgelegte Gesetzentwurf umgesetzt werden kann. "Wir sehen die gesellschaftlichen Widerstände, die es gibt", sagte sie dem Sender Radio Bremen am Montag.

Mit "Ernüchterung" haben die hessischen Republikaner das Ergebnis der Landtagswahl aufgenommen. Trotz einer leichten Steigerung um 0,7 Prozent gegenüber der Wahl vor vier Jahren auf jetzt 2,7 Prozent verfehlte die Rechtspartei deutlich den Einzug in den Wiesbadener Landtag. Den Republikanern sei es nicht gelungen, das Wählerpotential auszuschöpfen, erklärte Landessprecher Gottfried Burischek. "Roland Koch hat in rechten Gewässern gefischt, sein Wählerbetrug war erfolgreich", sagte er.

Für ein "kurzes Strohfeuer" hält auch der Bundesvorsitzende der Republikaner, Rolf Schlierer, den Wahlerfolg der Union in Hessen. Der CDU sei es zwar gelungen, mit ihrer Unterschriftenkampagne "den Widerwillen in der deutschen Bevölkerung" gegen die Pläne der rot-grünen Bundesregierung zu mobilisieren. Die Unionswähler würden jedoch bald die "Unredlichkeit" dieser Kampagne erkennen. So sei die CDU nicht bereit, die Forderung nach einem Volksentscheid zu unterstützen "Dabei dürfen wir nicht bei der Sammlung von Unterschriften stehenbleiben", forderte der Republikaner-Chef. Rot-Grün werde weiter daran festhalten, "das deutsche Staatsvolk schrittweise auszutauschen, was wir mit allen Kräften verhindern müssen", erklärte Schlierer.

Als "fatal" bezeichnete der Generalsekretär und hessische Landesvorsitzende des Bund Freier Bürger (BFB), Heiner Kappel, das Abschneiden seiner Partei. Die Wähler seien durch die Personalquerelen der jüngsten Zeit "in hohem Maße verunsichert und abgeschreckt" worden. Von einer Präsidiumssitzung am kommenden Samstag erwartet sich Kappel Klarheit über das weitere Vorgehen.


 
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