© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    07/99 12. Februar 1999


CSU: Neuer Kandidat für Münchner Oberbürgermeisterwahl im Juni gekürt
Hoffnung auf frechen Wahlkampf
Walter Trube

Die zweite und voraussichtlich letzte Bezirksverbandsversammlung zur Nominierung eines CSU-Kandidaten für die Münchner Oberbürgermeisterwahl im Juni stand unter einigen guten Sternen. Nach dem überraschenden Wahlsieg von Roland Koch bei der Hessischen Landtagswahl nur einen Tag zuvor, war die Münchner CSU an jenem Abend von Siegeswillen nur so durchtränkt. Zusätzlich konnte am Nachmittag der 35.000 Unterstützer der Unterschriftenkampagne gegen die Einführung der generellen doppelten Staatsbürgerschaft in der CSU-Fraktion im Rathaus begrüßt werden, so daß es nun tatsächlich den Anschein hat, als könnten die Münchner Christsozialen die oft peinlichen Querelen und Affären der letzten Wochen hinter sich lassen und die verbleibenden Monate bis zur OB-Wahl für einen aktiven und frechen Wahlkampf nutzen.

Für "aktiv" und "frech" steht alleine schon jüngste CSU-Kandidat für Münchens höchstes Amt, der 39jährige Aribert Wolf, der am Montagabend mit 125 von 143 Delegiertenstimmen auf das Schild gehoben wurde. Wolf hat zwar nicht das rhetorische Geschick eines Peter Gauweiler, nicht die langjährige kommunalpolitische Erfahrung des geschaßten Ex-Kreisverwaltungsreferenten Hans-Peter Uhl, ist aber wesentlich offensiver als die Strauß-Tochter Monika Hohlmaier und viel interessanter als Thomas Zimmermann. Letztere drei CSU-Politiker durchliefen in den vergangenen drei Monaten die oft lächerlich wirkende Suche nach einem geeigneten OB-Kandidaten, aber schließlich biß Wolf sich als letzter übriggebliebener durch.

Aribert Wolf, erst erfolgreicher Rechtsanwalt in eigener Kanzlei, später Leiter der Landesvertretung Bayern der Ersatzkrankenkassen, kann auf eine teilweise schillernde politische Karriere zurückblicken. Mit 17 trat er der CSU bei und wurde zehn Jahre später Münchner Bezirksvorsitzender der Jungen Union. Zur Stadtratswahl 1990 wollte er ein Zeichen gegen Überalterung und Verfilzung der Münchner CSU setzen und plante, mit einer eigenen Liste anzutreten, was ihm jedoch mit der (sich später als falsch herausgestellenden) Begründung, Wolfs "Junge Liste" sei nur eine "Tarnorganisation" der CSU, vom Wahlleiter untersagt wurde. Er klagte daraufhin erfolgreich auf Wahlwiederholung, konnte diese im Juni 1994 durchsetzen, aber mit seiner bürgerlich-liberal geprägten Jungen Liste einen erhofften Effekt nach dem Vorbild der Hamburger Statt Partei nicht erzielen.

Bald darauf versöhnten sich Wolf und der damalige CSU-Bezirksvorsitzende Gauweiler offiziell, Wolf wurde zunächst bei der nächsten regulären Stadtratswahl 1996 auf der CSU-Liste ins Rathaus gewählt und 1998 zum Bundestags-Direktkandidaten im Wahlkreis München Mitte nominiert. Im Zuge des Schröder-Effekt mußte er diesen Wahlkreis jedoch der SPD überlassen, zog aber über die Landesliste in den Bundestag ein.

Alleine schon das Alter Wolfs dürfte für einen neuen, frecheren Wahlkampfstil sorgen, auch wenn die Themen die gleichen bleiben. Angriffe gegen rot-grüne Postenpatronage, Autofahrerschikanen, Aussagen für Verbesserung der Wirtschaftsstandortes München, Innere Sicherheit, deutliche Worte zur Ausländerproblematik.

Mit Wolfs Persönlichkeit und Ausstrahlung sowie mediengerechter neuer Präsentationsstile im Wahlkampf hofft die in jüngster Zeit von Personalquerelen gebeutelte Münchner CSU nun auf die Rückeroberung des Rathauses.


 
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