© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    09/99 26. Februar 1999


Parteien II: Streit im Bund Freier Bürger spitzt sich zu / Parteivize erklärt Austritt
Umstrittene Zusammenarbeit
Thorsten Thaler

Die personelle Erosion im Bund Freier Bürger (BFB) setzt sich weiter fort. Überraschend hat jetzt der stellvertretende Bundesvorsitzende und Berliner Parteichef Markus Roscher seine Ämter niedergelegt und ist aus der Partei ausgetreten. Zur Begründung seines Austritts erklärte Roscher, die deprimierenden Wahlergebnise des BFB hätten gezeigt, daß "eine rein nationalliberale Partei ohne Chancen ist". Der 34jährige Rechtsanwalt war erst am vergangenen Wochenende vom Parteivorstand zum kommissarischen Bundesvorsitzenden für die Zeit nach dem angekündigten Rücktritt Manfred Brunners bestimmt worden.

Nach Angaben aus BFB-Kreisen will der Noch-Parteivorsitzende Brunner seinen bereits im Dezember vorigen Jahres angekündigten Rücktritt am kommenden Sonntag vollziehen. Anlaß sind die seit Wochen andauernden Auseinandersetzungen in der Führungsetage des Bund Freier Bürger um eine Zusammenarbeit mit den Republikanern. Es gebe Strömungen, die nicht mehr seinen Vorstellungen von einer "bürgerlichen Protestpartei" entsprächen, begründete Brunner seinen Schritt.

Bei den internen Richtungskämpfen im BFB geht es vor allem um die Frage von Listenverbindungen bzw. einer gemeinsamen Kandidatenliste mit den Republikanern zu den in diesem Jahr bevorstehenden Landtagswahlen. So will der thüringische Landesverband des BFB unter dem Vorsitz des Rechtsanwalts Günther Steinert zusammen mit den dortigen Republikanern und der "Pro DM"-Partei von Bolko Hoffmann mit einer gemeinsamen offenen Liste zur Landtagswahl am 12. September antreten. Ein entsprechendes "Bündnis ’99" stellten Vertreter aller drei Parteien vergangenen Sonntag in Jena vor. Die Listenaufstellung der Kandidaten soll nach den Worten von BFB-Landesgeschäftsführer Franz-Josef Reischmann bereits am kommenden Samstag auf einem gemeinsamen Parteitag erfolgen. Nach Informationen der JUNGEN FREIHEIT, für die bis zum Redaktionsschluß am Dienstagabend allerdings keine Bestätigung zu bekommen war, ist auch eine Kandidatur des BFB-Generalsekretärs Heiner Kappel nicht augeschlossen. Bei der Bundestagswahl am 27. September vorigen Jahres erzielte der Bund Freier Bürger in Thüringen 0,6 Prozent der Stimmen, die Republikaner kamen auf 1,6 Prozent. Die "Pro DM"-Partei erreichte mit 2,0 Prozent in Thüringen ihr bundesweit zweitbestes Ergebnis.

Dem jetzt ausgetretenen Parteivize Markus Roscher hat das Vorhaben des thüringischen BFB-Landesverbandes den letzten Anstoß für seinen sofortigen Rückzug gegeben. In seiner Austrittserklärung heißt es, es habe Einigkeit darüber bestanden, daß der BFB "auch in Zukunft einen bürgerlichen, nationalliberalen Kurs fahren wird". Diesen eindeutigen Beschluß, der unter Roschers Sitzungsleitung zustande kam, habe der Landesverband Thüriungen ignoriert. "Damit hat der BFB seinen eigenständigen Kurs verlassen", kritisierte Roscher. In der Öffentlichkeit entstehe so der Eindruck, beim BFB handele es sich nur um ein "Anhängsel" der Republikaner.


 
Versenden
  Ausdrucken Probeabo bestellen