© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    09/99 26. Februar 1999


Zitate

"Gäbe es heute noch die DDR, würde Mahler wahrscheinlich, wie einst sein Kollege Claus Croissant, in den Armen der ostdeutschen Staatsmacht landen. Nicht aus Liebe zum Sozialismus, sondern weil die DDR das deutschere Deutschland war, eine totalitäre Alternative zum weichgespülten Westen. Weil es diese Option nicht mehr gibt, muß er sich damit begnügen offene Briefe an Ignatz Bubis zu schreiben ("Sir, geben Sie Gedankenfreiheit!") und kanonische Erklärungen zu verfassen, in denen die Wiedervereinigung der Neuen Linken mit der Neuen Rechten vollzogen wird. Die deutsche Linke hat nicht nur die Helden, sie hat auch die Renegaten, die sie verdient."

Henryk M. Broder im "Spiegel" vom 22. Februar 1999

 

 

"Der Auftritt des Bundeskanzlers weckte Hoffnungen. Als zwölf deutsche Konzerne Anfang vergangener Woche ankündigten, noch lebende Zwangsarbeiter und Opfer der ’Arisierung‘ über einen Milliardenfonds zu entschädigen, schien die deutsche Wirtschaft einen Ausweg aus der NS-Verstrickung gefunden zu haben. Doch die Enttäuschung kam postwendend. Die von Industrie- und Bankenkapitänen ’aus moralischer Verpflichtung‘ angebotenen zwei bis drei Milliarden Mark betrachten die Kläger nur als ’Peanuts‘. Der Münchener Anwalt Michael Witti, der zusammen mit seinem gefürchteten New Yorker Kollegen Edward Fagan vor deutschen Bankentürmen offensichtlich Druck gemacht hatte, rechnet mit einer ’Summe in zweistelliger Milliardehöhe‘. Das von der Regierung präsentierte Angebot nennt er lediglich ’einen ersten Schritt‘. Das Geld will er vor gericht erstreiten – ’in einem Vergleich‘. Nur so lasse sich der Rechtsfrieden herstellen."

Thomas Zorn im "Focus" vom 22. Februar 1999

 

 

"Es wird zwar die ungerechte Lastenverteilung in der EU beklagt – Deutschland ist ja auch der größte Nettozahler der Union –, aber bei den bisherigen Vorschlägen zur Agenda 2000 werden nur die Agrarausgaben heruntergebracht. Gerade der deutsche Finanzminister Oskar Lafontaine hat doch anerkannt, daß es auch bei der Globalisierung gewisse Mindeststandards geben muß. Die europäische Landwirtschaft hat hohe Standards beim Umweltschutz, sie hat hohe Auflagen beim Tierschutz und höhere Arbeitskosten als anderswo. das muß sich in den Preisen niederschlagen. da können sie nicht bei Milch, Getreide und Rindfleisch die Zahlungen um 15 bis 30 Prozent reduzieren, wie es die EU-Kommission vorsieht."

Gerd Sonnleitner, Präsident des Bauernverbandes, in einem Interview mit der "taz" am 22. Februar 1999

 

 

"Die Art der Kurdenproteste (...) läßt die israelische Behauptung, man haben in Notwehr gehandelt, wenig glaubwürdig erscheinen (...) die völlige Aufdeckung eines amerikanisch-türkisch-israelischen Geheimdienstkomplotts werden die genannten Dienste zu verhindern wissen. Dahingegen ist es aktenkundig, daß die US-Außenministerin höchstpersönlich die diplomatische Offensive gegen die PKK anführte und damit eine gnadenlose Treibjagd eröffnete, aus der es für Öcalan kein Entrinnen gab. Damit hat sich Albright die türkische Staatsdoktrin zu eigen gemacht, derzufolge der Kampf der Kurden um Autonomie als terroristisches Verbrechen gilt, woraus der Anspruch abgeleitet wird, das kurdische Problem einer "Endlösung" zuzuführen, wie sich Ex-Ministerpräsidentin Ciller auszudrücken beliebte. Die Europäische Union (...) hat immer mal wieder die Einhaltung der Menschenrechte (...) in Kleinasien angemahnt."

Werner Pirker in der "Jungen Welt" vom 22. Februar 1999


 
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