© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    11/99 12. März 1999


Interview: BFB-Interimschef Paul Latussek über die Chancen seiner Partei
"Keine Listenverbindung"
Thorsten Thaler

Herr Dr. Latussek, Sie sind nach dem Rücktritt von Manfred Brunner kommisarischer Bundesvorsitzender des Bundes Freier Bürger. Wie geht es jetzt weiter mit Ihrer Partei?

Latussek: Ich habe meine satzungsgemäßen Pflichten erst einmal wahrgenommen und es geht darum, daß wir jetzt die Übergabe der Unterlagen und der ganzen Organisation organisieren und damit absichern, daß die Partei ordnungsgemäß ihre Arbeit weiterführen kann. Das ist zum Teil auf der letzten Bundesvorstandssitzung mit entsprechenden Beschlüssen schon erfolgt. Nun muß die Realisierung in Absprache mit Herrn Brunner noch erfolgen. Das soll in den nächsten 14 Tagen passieren, und dann kann die Arbeit der Partei weitergehen.

Nun hat es ja zuletzt sogar noch Ausschlußanträge gegen Brunner gegeben. Was ist da vorgefallen?

Latussek: Mich hat überrascht, daß Herr Brunner unabhängig von Absprachen Entscheidungen getroffen hat, die er per Zeitung den Vorstandsmitgliedern zur Kenntnis gegeben hat. Das war ein wenig verblüffend. Aber es ist nun einmal geschehen, und meine Aufgabe ist es ja nicht, das zu bewerten. Meine Aufgabe besteht jetzt darin, daß ich die Gegebenheit so hinnehme, wie sie ist und dafür sorge, daß die Partei wieder zum Geschäftsbetrieb kommt.

In der öffentlichen Wahrnehmung ist der Bund Freier Bürger immer sehr stark mit der Person Brunners identifiziert worden. Glauben Sie, daß nach seinem Ausscheiden der BFB überhaupt noch wahrgenommen wird?

Latussek: Es ist falsch, wenn man meint, eine Partei ist eine Person. Ich halte von einer demokratischen Partei doch ein bißchen mehr. Es ist eine junge Partei, die ihr Profil hat erst gewinnen müssen, und da findet ein Meinungsbildungsprozeß statt. Ich halte dieses für ganz normal. Es gibt keine Garantien für irgendwelche Entwicklungen einer Partei, sondern es ist eine Frage der Eigenprofilierung und der Zustimmung durch die Wähler.

Manfred Brunner ist nicht der einzige, der die Partei verlassen hat. Mit ihm sind eine Reihe weiterer Führungskräfte gegangen. Bedeutet dieser personelle Aderlaß nicht zwangsläufig das Ende für den BFB?

Latussek: Was heißt zwangsläufig? Das kann auch ein Neubeginn sein, das muß sich jetzt in der nächsten Zeit entscheiden. Ich glaube nicht, daß unbedingt immer eine Person entscheidet.

Der Streit im BFB hat sich nicht zuletzt an der Frage nach dem Verhältnis zu den Republikanern entzündet. Wie sehen Sie das Verhältnis?

Latussek: Es gibt einen Vorstandsbeschluß, der besagt, daß man mit jedem sprechen kann und sprechen sollte. Das halte ich in einer Demokratie für etwas ganz normales. Wenn dann konkrete Verhandlungen in Angriff genommen werden, braucht man dazu die Zustimmung des Bundesvorstandes. Auch das halte ich für einen ganz normalen Vorgang, und ich glaube, daß hier Herr Brunner und auch Herr Gemeiner überreagiert haben. Es hat auf Bundesebene nie eine Handlung gegeben, die dieser Beschlußlage widersprochen hätte.

Jetzt spielen Sie den Konflikt etwas herunter. Es hat zuletzt in Thüringen die Aufstellung einer gemeinsamen Kandidatenliste von BFB, Republikanern und Pro DM-Partei gegeben.

Latussek: Ja, das ist richtig. Doch nach dem Thüringer Wahlgesetz ist nur die Aufstellung von Personen auf der Liste der Republikaner oder des BFB erlaubt. Es gibt also keine Listenverbindung des BFB mit den Republikanern. Das geht nach dem Thüringer Wahlgesetz überhaupt nicht. Man kann zwar eine gemeinsame Liste aufstellen, aber das setzt die Gründung einer neuen Partei voraus, die dann Unterschriften sammeln muß. Das ist bisher nicht erfolgt.

Das ist der formale Aspekt. Wie bewerten Sie die Kooperation inhaltlich?

Latussek: Welche Kooperation?

Die zwischen BFB und Republikanern in Thüringen.

Latussek: Eine Aufstellung als Kandidat auf der Liste der Republikaner und damit eine Abkehr vom BFB kommt für mich nicht in Frage.

Wie werden Sie mit den Thüringer Parteifreunden verfahren?

Latussek: Das wird sich zeigen. Es findet in unserer Partei ein Meinungsbildungsprozeß statt, und da müssen wir in der nächsten Zeit mal sehen, wie er letzten Endes ausgeht. Im Moment hat die Partei damit zu tun, eine Normalität wiederherzustellen im gesamten Umgang miteinander. Ich glaube, dazu sind die Weichen gestellt worden, und über die anderen Fragen muß man sicherlich noch einmal sprechen.

Haben Sie nichts angesichts der letzten Wahlergebnisse das Ruder auf einem sinkenden Schiff übernommen?

Latussek: Das ist für mich nicht die Frage, weil ich nicht zu den Menschen gehöre, die von einem Extrem zum anderen springen. Es war die Situation vorhanden, daß man im Rahmen des Vorstandes zu beraten hatte, was geschehen soll. Ich habe nur meine Verantwortung auch gegenüber den 2.500 Mitgliedern wahrgenommen.

Welche Chancen sehen Sie für den BFB?

Latussek: Wissen Sie, nach den Bundestagswahlen hat es in der Bevölkerung einen Ruck gegeben. Ich war mit dem Ergebnis zwar nicht glücklich, aber eigentlich zufrieden, weil ich es erwartet habe. Mit einem Mal findet ein Nachdenken statt, das es vorher nicht gegeben hat. Dabei hat sich an der grundsätzlichen Situation in Deutschland nichts verändert, die politischen Probleme sind alle gleich geblieben. Sie sind nur deutlicher und sichtbarer geworden. Eine Partrei wie der BFB hat eine Chance.

Der BFB hat 0,2 Prozent der Stimmen bekommen.

Latussek: Das ist eine Tatsache, die man zur Kenntnis zu nehmen hat.

Stehen Sie auf dem Bundesparteitag für den Partreivorsitz zur Verfüung?

Latussek: Das kann ich jetzt noch nicht beurteilen. Vieles hängt davon ab, wie die gesamte Entwicklung jetzt verläuft. Wenn sich herausstellt, daß es überhaupt nicht möglich ist, vernünftig weiterzumachen, dann erübrigt sich diese Frage ohnehin.


 
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