© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    11/99 12. März 1999


Katzenfelle: Gespräch mit dem Geschäftsführer der Firma Steingraf in Bad Homburg
"Das sind lauter Vermutungen"
Gerhard Quast

Herr Steingraf, in "Panorama" wurde der Vorwurf erhoben, Sie handeln mit Fellen chinesischer Katzen, denen das Fell bei lebendigem Leibe abgezogen wurde. Was sagen Sie zu diesem Vorwurf?

Steingraf: Die Recherche wird immer so weit betrieben, bis man das Ergebnis hat, das einem in die Schußlinie paßt und genügend Munition liefert. Ich möchte nicht sagen, daß es diese Situationen nicht gibt, aber es ist absolut nicht die Normalität. Die Situationen, die dargestellt wurden, sind Extremsituationen. Der ganze Beitrag ist dazu bestimmt, das Handeln und Verarbeiten von Hauskatzenfellen unmöglich zu machen.

Aber die Bilder, die gezeigt wurden, …

Steingraf: …sind grausig. Deshalb habe ich Herrn Karremann bereits kurz nach der ersten RTL-Sendung einen Brief geschrieben und ihn gefragt, an welchen Orten in China er diese Greuel gesehen habe. Ich würde auf meiner nächsten China-Reise gerne dort hinfahren und den Leuten meine Meinung dazu sagen und ihnen erklären, daß es das letzte Mal gewesen sei, daß sie Felle abgenommen bekommen, wenn sie für solche Grausamkeiten verantwortlich seien. Auf diesen Brief habe ich keine Antwort bekommen.

Sie sind namentlich mit diesen Bildern in Zusammenhang gebracht worden. Wie haben Sie das aufgenommen?

Steingraf: Es gibt kaum eine diffamierendere Situation, als mit solchen Bildern in Kontakt gebracht zu werden. Jedem Zuschauer drängt sich auf: Der will in Deutschland mit Katzenfellen Geld verdienen, und deswegen passieren diese Greueltaten in Asien. Das bin ich gewohnt. Dieser Kampf der Tierschützer findet seit 30 Jahren statt, und die Presse fällt immer wieder darauf rein.

Aber offensichtlich gibt es Pelzhändler, die auch deutsche Katzen kaufen. Wie anders sind die Kadaver von Katzen erklärbar, die ohne Fell gefunden wurden?

Steingraf: Das sind lauter Vermutungen. Wenn Sie eine vernünftige Produktion in Katzenfell anfangen wollen, brauchen Sie nicht hundert, nicht fünfhundert und nicht tausend Katzenfelle, das müssen wesentlich mehr Felle sein, weil Fellgrößen, Fellfarben und Haarunterschiede berücksichtigt werden müssen, wenn man konfektioniert. Wenn so etwas ordentlich ausschauen soll, brauchen Sie sinnvollerweise 5.000 Felle.

Sie meinen also, daß sich das nicht lohnt?

Steingraf: Es mag Verrückte geben, die in Deutschland Katzen wegen des Fells umbringen, aber niemanden, der das gewerbsmäßig eine Woche durchhält.

Verstehen Sie die Aufregung über diesen "Panorama"-Beitrag?

Steingraf: Ich verstehe das. Wer eine Katze besitzt und die Befürchtung haben muß, sein Tier auf diese abscheuliche Weise zu verlieren, dem geht das Messer in der Tasche auf. Deshalb verarbeiten wir keine Katzen aus Deutschland.

Haben Sie Drohungen bekommen?

Steingraf: Da warte ich darauf.

Also bisher keine Reaktionen?

Steingraf: Doch. Ich habe Beschimpfungen am Telefon erhalten. Das ist aber nichts gegen frühere Angriffe. 1994 wurde bei mir ein Überfall deutscher und englischer Tierschutzgruppen vereitelt. Ich hatte acht Wochen Polizeischutz. Bis heute ist auf meinem Hausdach eine Übertragungsanlage mit direktem Kontakt zur Polizeiwache. Die Geschichten sind also nicht so harmlos, wie sie manchmal klingen.


 
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