© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    12/99 19. März 1999


USA: Die Präsidentschaftswahl im Jahr 2000 wirft ihre Schatten voraus
Die Kandidaten laufen sich warm
Ronald Gläser

In knapp einem Jahr beginnt in den USA der Präsidentschaftswahlkampf. Den Auftakt bildet, nach parteiinternen Abstimmungen wie beispielsweise in Iowa, traditionell die Vorwahl in dem kleinen Nord-Ost-Staat New Hampshire, wo die langgehegten Träume der meisten Präsidentschaftsbewerber schnell wie Seifenblasen zerplatzen. In einem wochenlangen Tauziehen zwischen den Kandidaten stimmen dann die Wähler in den einzelnen Bundesstaaten über die verbleibenden Bewerber ab. Das Abschneiden in den ersten Einzelstaaten gilt als wichtige Vorentscheidung für den Ausgang des Wahlkampfes.

Aus diesem Grund hat Kalifornien den Termin jetzt um Monate vorverlegt hat. Dem größten Einzelstaat kommt eine Schlüsselrolle bei der Präsidentschaftswahl zu. Im kommenden Jahr wollen Republikaner und Demokraten in Kalifornien schon am 7. März über die geeigneten Bewerber entscheiden.

Ginge es nach der Mehrheit der republikanischen Abgeordneten und Gouverneure, hieße dieser George W. Bush. Der 52jährige Sohn des Ex-Präsidenten ist einer der aussichtsreichsten Bewerber und derzeit texanischer Gouverneur. Innerhalb seiner Partei gilt er als gemäßigter Konservativer. In seinem Heimatstaat hat er gerade ein politisches Programm mit den vier Kernpunkten "Schlanker Staat, lokale Kontrolle, starke Familie und persönliche Verantwortung" vorgelegt, mit dem er auch in den Wahlkampf um das Weiße Haus ziehen dürfte. Auch der ranghöchste Senator, der Konservative Trend Lott, gehört zu den Unterstützern von George Bush.

Reagan-Anhängerin Dole will ebenfalls kandidieren

Zu seinen gefährlichsten Rivalen zählt der Verleger Steve Forbes, der 1996 schon Bob Dole unterlag. Dessen Ehefrau, Elisabeth Dole, sammelt ebenfalls Unterstützung in der Partei ihres Mannes. Ihr Amt als Vorsitzende des Roten Kreuzes hat sie bereits niedergelegt, um sich ihren Ambitionen als Präsidentschaftsbewerberin widmen zu können.

Mit ihrem Auftritt für ihren Mann auf dem Parteitag der Republikaner 1996 hat sich die eloquente 62jährige erstmals ins Gespräch gebracht. Die frühere Verkehrsministerin bezeichnet sich selbst als "Leutnant in der Armee Ronald Reagans". Auch Dole sucht die inhaltliche Nähe zum vorletzten republikanischen Präsidenten. Anläßlich des 88. Geburtstags Reagans traten er und zwei weitere Bewerber auf einer Kundgebung der "Christlichen Koalition", einer einflußreichen konservativen Gruppierung innerhalb der Republikanischen Partei, auf. Die anderen beiden waren Gary Bauer und Alan Keynes, ein ehemaliger Reagan-Mitarbeiter. Alle drei kritisierten den Amtsinhaber Bill Clinton, der mitverantwortlich für den moralischen Verfall der Supermacht sei.

Nachdem der Wunschkandidat der religiösen Rechten, Senator John Ashcroft aus Missouri, seine Kandidatur zurückgezogen hat, wird der rechte Parteiflügel von allen potentiellen Präsidentschaftskandidaten umworben. Erst am vergangenen Wochenende setzte sich dieser in Kalifornien bei der Wahl des Vorsitzenden erneut durch. Die Haltung in der Abtreibungsfrage ist für den rechten Parteiflügel eine der wichtigsten Positionen. "Der Mord an Babys ist das Thema des Jahrhunderts", verkündete der neugewählte Vorsitzende der Republikaner in Kalifornien, John McGrow.

Als weiterer rechter Kandidat zieht der Senator von Arizona, John McCain, ins Rennen, der sich besondere Unterstützung von der wachsenden Christlichen Koalition erhoffen kann.

Auch Pat Buchanan ist noch nicht aus dem Rennen. Bei CNN, wo er regelmäßig die Sendung Crossfire moderiert, hat er sich eine Auszeit genommen, um eine dritte Kandidatur für das Weiße Haus erwägen zu können. Ein Jahr nach der Veröffentlichung seines Buches "Der große Verrat" sieht er sich angesichts der internationalen Finanzkrisen in Asien, Rußland und Brasilien im Aufwind. Sein Buch und seine Veröffentlichungen der letzten Zeit reflektieren seinen Wandel zum Protektionisten, der Amerikas Wirtschaft abschotten und den Freihandel beenden möchte. Angesichts des augenblicklichen Booms der US-Wirtschaft verhallen Buchanans Kassandra-Rufe zwischen Meldungen über sechs Prozent Wirtschaftswachstum im ersten Quartal und dem zweiten Überschuß im Haushalt der USA in Folge. Sollte sich das ändern, könnten seine Chancen wieder steigen. Außerdem kämpft Buchanan für eine isolationistische Außenpolitik und gehört zu den heftigsten Kritikern eines Kosovo-Einsatzes amerikanischer Soldaten. Schon früher hatte er den Golfkrieg und das militärisch-politische Engagement im Nahen Osten beanstandet.

Als Parteilinker gilt dagegen Lamar Alexander, der frühere Gouverneur von Tennessee, dessen Kandidatur 1996 einen schlechten Start und ein schnelles Ende gefunden hatte. Auch Dan Quayle drängt es zurück in die politische Arena. Der farblos wirkende ehemalige Vizepräsident George Bushs erklärte unlängst seine Kandidatur.

Bei den Demokraten gilt Al Gore als einziger ernstzunehmender Kandidat. Sämtliche Mitbewerber zielen vermutlich auf das Amt des Vizepräsidenten ab. Gore hat schon jetzt einen beträchtlichen Etat für den Wahlkampf gesammelt. Er will 55 Millionen Dollar für sich mobilisieren.

Volksabstimmungen gegen die Diskriminierung Weißer

Präsidentschaftswahlkämpfe werden immer teurer, weshalb die meisten Kandidaturen auch alsbald wieder enden. Der Vorsitzende der Demokraten im Repräsentantenhaus, Dick Gebhardt, der als einziger Gores Kandidatur hätte gefährden können, hat seine Kandidatur mittlerweile zurückgezogen. Er hofft jetzt Sprecher des Repräsentantenhauses zu werden, falls es den Demokraten gelingt, die Mehrheit zurückzuerlangen. Die demokratischen Senatoren Kerrey und Kerry haben ebenfalls schon jetzt den Kampf gegen Al Gore aufgegeben. Bisher hat nur der Senator Bill Bradley seinen Hut in den Ring geworfen. Und Jesse Jackson soll eine erneute Außenseiterkandidatur erwägen.

Die florierende US-Wirtschaft stützt jetzt den amtierenden Präsidenten und verbessert die Chancen seines Stellvertreters. Al Gore steht für Umweltschutz und Minderheitenrechte, die in den USA als "affirmative action" bezeichnet werden. Damit ist primär die gezielte Förderung von nicht-weißen Bevölkerungsgruppen gemeint. So werden in Universitäten Studienplätze für Schwarze reserviert, auch wenn deren Leistungen hinter denen ihrer weißen Mitbewerber zurückbleiben. Die Clinton-Administration arbeitet gerade an einem Programm, das solche Unternehmen bei der Vergabe öffentlicher Aufträge bevorzugt, deren Personalpolitik als besonders vorbildlich gilt.

Mehrere Republikaner glauben hier ein wichtiges Wahlkampfthema gefunden zu haben. Weil Gesetzesinitiativen gegen "affirmative action" bislang ohne Erfolg blieben, haben sie erfolgreich in den einzelnen Staaten Volksabstimmungen gegen eine solche Diskriminierung weißer, männlicher Durchschnittsamerikaner gestartet. So wurde in Kalifornien beispielsweise die Gesetzesvorlage 209 mit 55 Prozent der Stimmen angenommen, die jegliche Quotenregelung verbietet. Auch George Bush jun. hat sich stets gegen solche Quoten ausgesprochen, in seinem Bundesstaat nach Verabschiedung einer entsprechenden Volksabstimmung aber erst einmal zehn Prozent der Studienplätze an den Universitäten für noch nicht näher bestimmte Bevölkerungsgruppen reserviert.


 
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