© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    14/99 02. April 1999


Medien: Ein JF-Interview mit CDU-Landeschef Jörg Schönbohm sorgt für Aufregung
"Klare Positionen vertreten"
Richard Stoltz

"Ich habe weder hier noch da Berührungsängste, wenn es darum geht, meine Position darzustellen." Mit diesen Worten reagierte der brandenburgische CDU-Vorsitzende Jörg Schönbohm auf Vorwürfe von SPD und PDS, die den Spitzenkandidaten der märkischen Union bei der Landtagswahl im September wegen seines Interviews in dieser Zeitung (JF 13/99) scharf kritisiert hatten. Die SPD wollte darin sogar einen "politischen Skandal" erkennen. Landesgeschäftsführer Klaus Ness warf dem ehemaligen Berliner Innensenator vor, er mache mit seinem Interview das "Zentralorgan der Neuen Rechten" hoffähig. Die PDS erklärte, Schönbohm habe deutlich machen wollen, "daß rechtes Gedankengut bei der brandenburgischen CDU in guten Händen ist".

Irritationen löste Schönbohms Gespräch mit der JUNGEN FREIHEIT, das am 17. März im Berliner Hotel Hilton stattfand, auch in der CDU aus. Der Potsdamer Fraktionsvorsitzende Wolfgang Hackel betonte, daß "Schönbohm intelligent genug ist, zu wissen, mit wem er Gespräche führt". Er selbst wäre jedoch "sehr zurückhaltend", sollte die JUNGE FREIHEIT an ihn mit einer Interview-Anfrage herantreten. Auch die CDU-Landtagsabgeordnete Monika Schulz erklärte, sie könne sich ein solches Interview "nicht vorstellen". Unbefangener äußerte sich dagegen der ehemalige Landesvorsitzende der Jungen Union und jetzige Generalsekretär der märkischen CDU. "Es ist eine Frage, was man sagt, nicht, wem man es sagt", erklärte Thomas Lunacek.

Brandenburger und vor allem Berliner Zeitungen beschäftigte das Schönbohm-Interview zwei Tage lang. Aufmerksam geworden durch eine Vorabmeldung der JF-Redaktion am Tag vor der Veröffentlichung, widmeten besonders die Berliner Zeitung und der Tagesspiegel dem Gespräch längere Berichte – freilich ohne dabei auf die inhaltlichen Äußerungen Schönbohms einzugehen. Statt dessen fragte sich der Tagesspiegel, ob der frühere Berliner Innensenator "keine Erinnerung mehr an den schlechten Ruf der JUNGEN FREIHEIT" habe und mokierte sich über die "nationalkonservative Haltung" des brandenburgischen CDU-Spitzenkandidaten. Grund: Jörg Schönbohm hatte in dem Interview sein Verständnis von Nation erläutert und dabei auch von "Schicksalsgemeinschaft" gesprochen – ein im Nationalsozialismus "oft beschworener Begriff", wie der Tagesspiegel-Redakteur Frank Jansen meinte.

Schönbohm selbst begegnete den Vorwürfen kämpferisch. Die SPD versuche "aus durchsichtigen wahltaktischen Gründen", das Interview mit der JUNGEN FREIHEIT zu instrumentalisieren, erklärte er gegenüber dem Tagesspiegel. Das sei verlogen, denn in vielen Verfassungsschutzberichten werde die PDS erwähnt, mit der die SPD aber "munter Koalitionen eingeht und eng zusammenarbeitet". Er sei davon überzeugt, daß "die scheinheiligen Angriffe" der Sozialdemokraten "auf die Füße fallen werden". Schönbohm: "Wenn die SPD eine Skandal-Diskussion will, soll sie sie bekommen." Die Brandenburger SPD solle lieber klar sagen, daß sie nach der Landtagswahl am 5. September eine Koalition mit der PDS "definitiv ausschließt".

Zu der Aufregung unter den Sozialdemokraten sagte Schönbohm, vor dem Hintergrund sinkender Umfragewerte für die alleinregierende SPD sollten ihm "rechtsradikale Sympathien" unterstellt werden. "Aber den Beweis bleibt man schuldig."

Auf die Frage, ob es den "Taktiker Schönbohm" ärgere, dem politischen Gegner Wahlkampf-Munition geliefert zu haben, antwortete der CDU-Vorsitzende: "Die Politik besteht nicht nur, wie viele meinen, aus Taktik und Finessen. Will man glaubwürdig sein, muß man klare Positionen vertreten."


 
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