© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    14/99 02. April 1999


Frankreich II: Überparteiliches "Kollektiv gegen den Krieg" mobilisiert Kriegsgegner
Jenseits ideologischer Divergenzen
(JF)

Der Widerspruch gegen die Bombardierungen durch die NATO ist keineswegs ein Monopol der Kommunisten. Seit der vergangenen Woche haben sich auch parteiunabhängige Stimmen erhoben, um "NEIN!" zu dem Krieg zu sagen.

Die Stimmen dieser Abtrünnigen erheben sich über den Umweg des Kollektivs "Nein zum Krieg". Sie gehören Persönlichkeiten, denen es jenseits ideologischer Divergenzen darum geht, ihre strikte Ablehnung gegen die Intervention der NATO kundzutun. Sie reflektieren eine Bandbreite verschiedenster Temperamente und politischer Richtungen: Souveränisten, National-Republikaner, Umweltschützer, Föderalisten, Pro-Europäer, Anti-Europäer, Neue Rechte, republikanische Linke. Zusammen verbreiten sie einen Appells, der den Titel trägt: "Die Europäer wollen Frieden!"

"Mittwoch, der 24. März, wird ein unheilvolles Datum in unserer Geschichte darstellen: Zum ersten Mal seit 1945 wird ein souveräner Staat Europas durch eine militärische Allianz unter amerikanischem Kommando bombardiert, unter totaler Mißachtung des internationalen Rechts und in flagranter Verletzung der UN-Charta. Der Angriff der NATO ist unakzeptabel und wird die Konflikte nur verschlimmern, die er angeblich lösen soll. Die ersten Opfer der Bombardierungen werden die Menschen Serbiens und des Kosovos sein, denen die Zauberlehrlinge der NATO angeblich helfen wollen. Diese humanitäre Motivation ist eine Fassade, die niemanden täuscht: Weder die Palästinenser noch die Kurden oder die Tibetaner haben in ihrem Kampf gegen ihre Unterdrückung und für internationale Anerkennung jemals auch nur die geringste militärische Unterstützung erfahren. Ursprünglich als Verteidigungsbündnis konzipiert, hat die NATO sich vor unseren Augen in ein williges Instrument der amerikanischen und westlichen Aggression gegen den Rest der Welt verwandelt. Die Wiederherstellung des Friedens auf dem Balkan läuft über eine sofortige Beendigung der Luftangriffe, über eine klare Ablehnung gegenüber den amerikanischen Strategien der Teilung Europas, durch die Aufnahme wirklicher politischer und diplomatischer Verhandlungen, die eine Einigung aller Parteien mit Hilfe eines dauerhaften Friedensplanes zum Ziel haben, d. h. die das Recht aller Völker auf Selbstbestimmung respektieren.

Die Unterzeichner dieses Textes verurteilen die Entscheidung der französischen Regierung, sich an diesem Krieg zu beteiligen, ohne daß das Parlament auch nur zu Rat gezogen wurde. Sie fordern die Franzosen und die Europäer auf, mit allen Mitteln ihre Ablehnung des amerikanischen Krieges in Europa und ihre Solidarität mit den bombardierten Zivilbevölkerungen zum Ausdruck zu bringen."

Zu Beginn dieser Woche hatten mehr als 2.000 Bürger unterschrieben. Das Ziel der Iniatoren ist, weitere 100.000 Unterschriften zu sammeln. Unter den Unterzeichnern stechen hervor: Abbé Pierre; die Generäle Marcel Bigeard und Pierre-Marie Gallous; der Schriftsteller und ehemalige Minister Max Gallo; der Akademiker Jean Dutourd, u.a.m. (JF)


 
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