© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    18/99 30. April 1999


Lebensschutz: Abtreibungsgegner organisieren Mahnwachen gegen "Mifegyne"
"RU 486 ist ein Menschengift"
Gerhard Quast

Bereits in diesem Sommer wird die umstrittene Abtreibungspille RU 486 auch in Deutschland unter dem französischen Handelsnamen "Mifegyne" auf den Markt kommen. Zu dieser Einschätzung kommt die Bundesfamilienministerin Christine Bergmann. "Die Zulassung ist beantragt und wird in den nächsten Wochen erfolgen", erklärte die SPD-Politikerin gegenüber der Berliner Morgenpost. In Verbindung damit werde es auch eine Änderung im Arzneimittelgesetz geben. Um den befürchteten Mißbrauch zu verhindern, werde "Mifegyne" nur an Ärzte ausgeliefert, die Abtreibungen vornehmen, kündigte Bergmann an.

Wie die Ministerin zu dieser Beurteilung kommt, darüber läßt sie nichts verlauten. Schließlich ist nicht ihr Ministerium für die Zulassung von Medikamenten zuständig, sondern das der Gesundheitsministerin Andrea Fischer (Grüne) unterstellte Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) im Berliner Bezirk Wedding. Dort wird seit einigen Wochen "Mifegyne" unter rein medizinisch-wissenschaftlichen Gesichtspunkten unter die Lupe genommen. Für die Prüfung des Präparates sind 90 Tage vorgesehen. Die Untersuchungen finden unter Ausschluß der Öffentlichkeit statt. Eine Einflußnahme wie etwa der von Familienministerin Bergmann auf unbedingte Zulassung der Abtreibungspille mußte die grüne Gesundheitsministerin bereits mehrfach zurückweisen. Auch die Argumentationen von Abtreibungsgegnern finden in der Bundesbehörde wenig Gehör. Ein entsprechendes Ansinnen der Europäischen Arbeitsgemeinschaft für Lebensrecht (European Prolife Forum) wurde von der BfArM-Pressespecherin Günther zwar entgegengenommen und sogar ein Gespräch mit dem Institutsdirektor Alfred G. Hildebrandt in Aussicht gestellt, die Berücksichtigung der ethischen Aspekte der Abtreibungspille wurde jedoch dankend zurückgewiesen.

Ungeachtet dessen hat die Arbeitsgemeinschaft für Lebensrecht, in der 46 Pro-Life-Verbände aus 20 Ländern zusammenarbeiten, europaweit zu Mahn- und Gebetsaktionen während des Zulassungsverfahrens aufgerufen. Bereits dreimal haben Berliner Lebensschützer vor dem BfArM in der Seestraße 10 in Wedding gestanden und gegen das "Menschengift" demonstriert. Bis zum 23. Juni sollen die Proteste jeden Mittwoch in der Zeit zwischen 11 und 17 Uhr fortgesetzt werden. Analoge Aktionen finden beim Patentinhaber "Exelgyn" in Paris, bei der Europäischen Arzneimittelzulassungsbehörde in London, sowie in anderen europäischen Städten vor nationalen Zulassungsinstituten statt.

Die "Mifegyne"-Gegner argumentieren, RU 486 sei kein Medikament. Der Zulassungsantrag müsse deshalb vom BfArM zurückgewiesen werden. "Medikamente dienen der Heilung von Krankheiten, sie müssen für den Menschen wirksam und verträglich sein. Das verlangt das Arzneimittelrecht", so Walter Schrader vom Aktionsbüro. "RU 486 hingegen ist ein Tötungsmittel für Menschen, das die Abtreibung verharmlost und perfektioniert." Damit stelle RU 486 "eine Perversion medizinischer Forschung" dar. Unwahr sei auch die Behauptung, die Abtreibungspille wirke "sanft" und "frauenfreundlich". "Die Tötungsprozedur zieht sich über viele Tage hin und ist äußerst strapaziös", widerspricht Schrader. "Nur bis zum 49. Tag nach der Empfängnis ist RU 486 hinreichend ‘wirksam’. So bleibt der Frau nur eine sehr kurze Entscheidungszeit. Im Bewußtsein, ihr Kind selbst getötet zu haben, sind die psychischen Folgen nach Abtreibung mit RU 486 gravierend."

 

Informationen: Europäische Arbeitsgemeinschaft für Lebensrecht, Aktionsbüro, Schönhauser Allee 182, 10119 Berlin, Tel. 0 30 / 4 49 01 47. Treffpunkt: Mittwochs von 11 bis 17 Uhr, BfArM, Seestraße 10.


 
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