© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    19/99 07. Mai 1999


Meldungen

Intellektuelle äußern sich zum Krieg in Jugoslawien

MOSKAU/KÖLN. Der russische Schriftsteller und Nobelpreisträger Alexander Solschenizyn hat die Nato-Angriffe auf Jugoslawien verurteilt und das Verhalten der Allianz mit dem Aufstieg der Nationalsozialisten in Deutschland in den 30er Jahren verglichen. Der Nato gehe es nicht um den Schutz der Kosovo-Albaner, sondern um die Unterdrückung der Serben, erklärte Solschenizyn in einem Interview mit der Moskauer Nachrichtenagentur Itar-Tass. "Die Nato hat eine neue Epoche eingeleitet wie damals Hitler, der den Völkerbund verließ und dann den Zweiten Weltkrieg begann", sagte Solschenizyn. Unterdessen hat sich der Schriftsteller Günter Wallraff für eine internationale Balkan-Konferenz zur Beilegung des Kosovo-Konflikts ausgesprochen. In einer Umfrage des Senders Deutsche Welle-tv sagte er: "Es gibt keinen gerechten Krieg. Es bleiben Unschuldige auf der Strecke." Die Berliner Schriftstellerin Herta Müller sprach sich für die Militärschläge gegen das Regime von Milosevic aus. Ihr Kollege Peter Schneider befürwortet auch den Einsatz von Bodentuppen. Demgegenüber kritisierte der Intendant der Berliner Volksbühne, Frank Castorf, deen Kosovo-Krieg als "Kampf um die russische Westgrenze". Irgendwann hätten wir das Recht, "vielleicht den Roten Platz in Moskau zu bombardieren", sagte Castorf in einem Gespräch anläßlich der Eröffnung des 36. Berliner Theatertreffens vergangenen Sonnabend. Der an der Podiumsdiskussion ebenfalls teilnehmende Intendant des Wiener Burgtheaters und künftige Chef des Berliner Ensembles, Claus Peymann, erklärte: "Wir sind praktisch gleichgeschaltet, und wenn irgend jemand was gegen die Nato sagt und gegen die Bomber, ist er sofort ein Vertreter von Milosevic. Das ist eine solche Scheiße für uns alle."

 

Friedenspreis geht an den Historiker Fritz Stern

FRANKFURT/MAIN. Der deutsch-amerikanische Historiker Fritz Richard Stern erhält den diesjährigen Friedenspreis des Deutschen Buchhandels. Der 73jährige geborene Breslauer hat sich vor allem mit der politischen Kulturgeschichte Deutschlands im 19. Jahrhundert beschäftigt. Stern habe "dem Frieden gedient, indem er Brücken des Verständnisses zwischen den Zeiten und den Völkern errichtete", begründete der Börsenverein des Deutschen Buchhandels seine Entscheidung. 1938 flohen Sterns jüdische Eltern mit dem damals 12jährigen vor den Nationalsozialisten in die USA. Seitdem lebt er in New York. Er studierte an der dortigen Columbia-Universität, an der er mit einer kurzen Unterbrechung bis heute tätig ist. 1987 hielt er als erster Ausländer im Bundestag eine Rede zum Gedenken an den Aufstand in der DDR vom 17. Juni 1953. Im Sommer will Stern eine Studie mit dem Titel "Einsteins deutsche Welt: Essays über europäische Geschichte" veröffentlichen. Der Friedenspreis wird am 17. Oktober während der Frankfurter Buchmesse verliehen. Preisträger des vergangenen Jahres war der Schriftsteller Martin Walser.


 
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