© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    20/99 14. Mai 1999


Zeitschriftenkritik: "Burgen und Schlösser"
Mit Klischees aufräumen
Werner Olles

Burgen und Schlösser, die "Zeitschrift der Deutschen Burgenvereinigung e.V. für Burgenkunde und Denkmalpflege" erscheint in einer Auflage von rund 4.500 Exemplaren dreimal jährlich im 40.Jahrgang. Herausgeber ist das "Europäische Burgeninstitut", das sich der Erhaltung historischer Wehr- und Wohnbauten gewidmet hat und 1899 gegründet wurde. Sitz ist die Marksburg über Braubach am Rhein.

In einem geschichtlichen Abriß werden die schwierigen Jahre nach dem Ende der Monarchie 1918 geschildert, die die Burgenvereinigung in eine gesellschaftliche und wirtschaftliche Krise stürzten. Da ihr die Restitution der Hohenzollern am Herzen lag, wehte über der Marksburg an Festtagen noch lange das alte "Schwarz-Weiß-Rot" statt "Schwarz-Rot-Gold". In den Jahren des Nationalsozialismus war die Burgenvereinigung weder ein "Hort des Widerstands" noch eine "Musterorganisation des Dritten Reiches", eher könnte man das Verhältnis als zweischneidig beschreiben. Von der Partei abschätzig als "reaktionär" gescholten, ging man auf Distanz zu den Machthabern, als klar wurde, daß diese nicht daran dachten, die Monarchie zurückzubringen.

Die Gründung zweier deutscher Republiken bedeutete auch für die Burgenvereinigung einen Neubeginn. 1960 erschien erstmalig die Fachzeitschrift Burgen und Schlösser, die sich zunehmend mit dem Kulturdenkmalbegriff beschäftigte, aber auch den Themenkreisen Gartenkunst, Denkmalpflege, Natur und Umweltschutz und Kulturtourismus breiten Raum widmete. In jeder Ausgabe werden zudem Schlösser und Burgen vorgestellt, an die Baugeschichte historischer Liegenschaften erinnert und über gefährdete und gerettete Baudenkmale berichtet. Buchrezensionen und Hinweise auf Ausstellungen vervollständigen die mit zahlreichen Fotos liebevoll ausgestatteten Hefte.

Besonders verdienstvoll ist, daß sich die Zeitschrift auch mit der recht verklärten Darstellung von Burgen, Rittern und Mittelalter in Kinder- und Jugendbüchern und Lehrplänen befaßt. Die moderne Burgenforschung versucht diese Entfremdung von der tatsächlichen Bedeutung, Funktion und Gestalt der Burg und des Rittertums zurechtzurücken und ein realistisches Bild dieser Zeitepoche zu zeichnen. Dazu gehört, daß es weder Eiserne Jungfrauen noch das Recht der ersten Nacht gab, daß viele Ritter so arm waren, daß ihre Burgen verfielen, und in den kargen Räumlichkeiten eine ungemütliche Kälte und Dunkelheit herrschte. Jenseits der höfischen Kultur existierte ein einfacher, bisweilen ärmlicher Niederadel, der jedoch aus der Geschichtsschreibung weitgehend getilgt wurde. Der veralteten, klischeehaften Burgenliteratur will Burgen und Schlösser einen wirklichkeitsnahen Einstieg in die differenzierte Burgenwelt gegenüberstellen.  "Burgen und Schlösser" erscheint dreimal jährlich. Anschrift: Deutsche Burgenvereinigung e.V., Marksburg, 56338 Braubach. Einzelheft 20 DM, Jahresabo 60 DM


 
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