© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    25/99 18. Juni 1999


Wirtschaft: Die Werbebranche wird europaweit immer mehr eingeschränkt
Ein weiteres Opfer von Rot-Grün
Ronald Schroeder

Linke Gesellschaftstheorie will durch staatliche Regulierungen und Verbote ein der eigenen Ideologie gemäßes Verhalten erzwingen. Selbst vor massiven Eingriffen in den familiären Bereich wird nicht zurückgeschreckt, wie jüngste Gesetzesinitiativen zur Verteilung der Hausarbeit beweisen. Auch im Bereich der Werbung ist das keine neue Erscheinung. Schon Ende der sechziger Jahre hatten die Gewerkschaften ein Werbeverbot für Heilmittel, Alkohol und Tabak sowie eine generelle Werbesteuer von 25 Prozent gefordert. Selbst ein Werbeaufsichtsamt war in jenen Jahren im Gespräch. Der Wirtschaft gelang es jedoch 1972 mit der Gründung des Deutschen Werberates, eine umfassende staatliche Werbegesetzgebung zu verhindern.

Der Gesundheitsschutz steht im Hintergrund

Die Angriffe auf die Werbewirtschaft in Europa halten seitdem jedoch unverändert an. Ende der achtziger Jahre wurde gemeinschaftsweit die Tabakwerbung im Fernsehen untersagt. Interessanterweise begründete man schon damals das Verbot mit dem Artikel 100 a des EU-Vertrages. Dieser zielt auf die Angleichung von Rechtsvorschriften im Binnenmarkt. Die Argumentation mit der Förderung des Gesundheitsschutzes war den Gesprächsrunden des Fernsehens vorbehalten. Ende 1997, nach zehnjährigem Ringen zwischen den Befürwortern eines freiheitlichen und eines regulierten Marktes, sahen sich die Regulierungsbefürworter am Ziel. Gegen den Widerstand Österreichs und Deutschlands (damals noch unter Kanzler Helmut Kohl) beschloß die EU das totale Werbeverbot für Tabakerzeugnisse.

Beginnend mit dem Werbeverbot in den Printmedien folgt in zeitlichem Abstand das Verbot von Großveranstaltungs-Sponsoring durch die Tabakindustrie. Den Abschluß bildet das Verbot des Formel-1-Sponsorings. Auch hier diente zur Begründung nicht der Gesundheitsschutz, sondern die Angleichung der Rechtsvorschriften im Binnenmarkt gemäß Artikel 100 a EU-Vertrag. Damit sehen sich die Befürworter einer regulierten Wirtschaft noch längst nicht am Ziel. Gesundheitsministerin Andrea Fischer (Bündnis 90/ Die Grünen) fordert bereits ein Werbeverbot für alkoholische Getränke im Fernsehen, vorerst nur in der Zeit zwischen 6 und 22 Uhr, sowie an Sportstätten. Auch hier geht es um die Durchsetzung eigener politischer Überzeugungen, nicht um praktizierten Gesundheitsschutz. Zwei Tatsachen belegen dies eindrucksvoll. Schweden ist das Land mit den strengsten Anti-Alkohol-Gesetzen und hat das größte Alkoholiker-Problem in Europa. In Deutschland herrschte bislang Werbefreiheit für alkoholische Getränke. Doch seit Jahren geht in Deutschland der Verbrauch an alkoholischen Getränken zurück.

Leider gelingt es den Anhängern einer dirigistischen Wirtschaftssteuerung immer wieder, die verschiedenen Interessengruppen innerhalb der Wirtschaft gegeneinander auszuspielen. So gehören die Ärzte als Betroffene einer Zwangsbudgetierung der Gesundheitsausgaben selbst zu den Leidtragenden dirigistischer staatlicher Eingriffe. Nichtsdestotrotz fordern führende Ärztevertreter seit Jahren für andere Branchen ungehemmt das, was man für den eigenen Bereich zu Recht mit Vehemenz zurückweist.

Der Präsident der Bundesärztekammer (BÄK), Karsten Vilmar, gehört so zu den entschiedensten Befürwortern eines totalen Werbeverbotes für Tabak- und Alkoholerzeugnisse und der Einführung eines "Gesundheitszuschlages" auf Tabakwaren. Eifrige Hinterbänkler gehen längst noch weiter. Ihnen schweben Werbeverbote für PS-starke Autos, Formel-1-Rennveranstaltungen, Flugreisen und ähnliches vor.

Werbeverbote stellen eine Vernichtung von Stellen dar

Dabei arbeiten allein im Kernbereich der Werbebranche mehr als 360.000 Beschäftigte. Die freiberuflich Tätigen sowie die Geringbeschäftigten, die bereits durch das neue 630-Mark-Gesetz die Regulierungswut der Bundesregierung zu spüren bekamen, sind in dieser Zahl noch nicht einmal enthalten! Im Bereich der Medien, für die die Werbeeinnahmen eine der größten Einnahmepositionen sind, sieht man ebenfalls Tausende Arbeitsplätze bedroht. Der deutsche Werbemarkt ist immerhin ein Markt von rund 60 Milliarden Mark. Zudem erfüllt Werbung eine wichtige volkswirtschaftliche Aufgabe. Intensive Werbung fördert die Entwicklung innovativer Produkte und führt zu besserem Service bei tendenziell niedrigerem Preisniveau.

Doch nicht nur die bewußte Vernichtung von Arbeitsplätzen ist unverantwortlich – es geht auch um Freiheitssrechte, wenn legale Produkte nicht mehr beworben werden dürfen. Dieser Tatbestand wird um so absurder, wenn dieselben Politiker, die die Werbung für Bier verbieten wollen, die Freigabe von Drogen propagieren.


 
Versenden
  Ausdrucken Probeabo bestellen