© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    27/99 02. Juli 1999


Kolumne
Servilität
von Hans-Helmuth Knütter

Das monströse Holocaust-Denkmal mitten in Berlin ist nun beschlossen. Dem Establishment fällt ein Stein vom Herzen. Sein Ansehen im "befreundeten Ausland", das mit dem deutschen Prestige gleichgesetzt wird, ist gesichert. Kürzlich hat Außenminister Fischer, angeblich der beliebteste Politiker, die Erkenntnis von sich gegeben, alle Demokratien hätten eine geistig-moralische Basis. In Frankreich sei das die große Revolution von 1789, in Deutschland aber Auschwitz. Vielleicht wollte er mal testen, was man den Deutschen alles zumuten kann. Na und?

Apathisch wurde die Provokation hingenommen, halblautes Protestgeheul kam aus der rechten Ecke. Dabei hatte der Mann doch gar nichts Neues gesagt. Der Antifaschismus war, ist und bleibt die Fundamentalnorm der BRD wie der DDR. Nur mittels dauernder Propaganda, durch Wachhalten von Scham und Schuldbewußtsein kann ein Klima geschaffen werden, das die Deutschen zu willfährigen Gefolgsleuten der ausländischen Vormächte macht. Die Deutschen sollen kapieren: Ihr mögt das dauernde Vorrechnen der deutschen Schuld nicht. Wenn ihr aber gegen dieses Fundament eures Ansehens bei den "Freunden und Verbündeten" verstößt, dann wird euch der Brotkorb höher gehängt, dann ist euer Wohlstand gefährdet.

Nach den Erfahrungen mit den Katastrophen des 20. Jahrhunderts fürchtet die deutsche Bevölkerung nichts mehr als dies. Dem ersten Nato-Generalsekretär, Lord Ismay, wird der dumm-ehrliche Ausspruch zugeschrieben, Zweck des Bündnisses sei "to keep the Americans in, to keep the Russians out, and to keep the Germans down". Die daraufhin in patriotischen Kreisen geäußerte Vermutung, es gehe um die Vernichtung Deutschlands, ist dumm. Die "Freunde und Verbündeten" rechnen kühl. Wolkige Gefühle wie Haß und Zuneigung überlassen sie den Deutschen, insbesondere der deutschen Rechten, die nicht ohne Grund als die weltweit dümmste gilt. Sie wollen die Deutschen nicht ausrotten, sondern ausbeuten und zu diesem Zweck und Ziel ruhigstellen. Dem dient das propagandistische Trommelfeuer, das ein schlechtes Gewissen erzeugt und die Selbstsicherheit beschneidet.

Das Berliner Nationaldenkmal ist wohlweislich nur den ermordeten Juden gewidmet. Glaubt nur nicht, jetzt herrsche Ruhe. Die anderen Opfergruppen werden kommen und ähnliche Stätten verlangen. Aufmerksam werden die "Freunde und Verbündeten" testen, ob die Zumutung servil hingenommen wird, denn das induzierte Schuldbewußtsein sichert ihre Vorherrschaft. Ein Ende ist nicht abzusehen.

 

Prof. Dr. Hans-Helmuth Knütter lehrt Politikwissenschaft an der Uni-versität Bonn.


 
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