© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 27/99 02. Juli 1999 |
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Hans-Joachim Widmann: Parteienhochmut. Der Fall FDP Auf allen Ebenen "menschelt" es Detlef Kühn Nach der verlorenen Europawahl steckt die FDP wieder einmal in einer Krise. Wer sich mit der Frage beschäftigt, warum die "Partei des politischen Liberalismus" sich so schwer tut, dauerhaft mehr als fünf Prozent zu erzielen, greift daher mit Interesse zu dem Bericht eines Insiders, der auf über 30 Jahre Mitgliedschaft mit Erfahrungen in Ämtern auf fast allen Ebenen der Hierarchie zurückblicken kann. Der Autor schildert nüchtern, anschaulich und zum Teil nicht ohne Witz die Strukturen der Partei und die in ihnen bestehenden, doch sehr bescheidenen Mitwirkungsmöglichkeiten der Mitglieder. Er gibt praktische Hinweise, was man tun oder lassen muß, um bei der Besetzung von Ämtern möglichst weit voranzukommen, beschreibt die permanenten Kungeleien und charakterisiert die verschiedenen Typen der mehr oder weniger aktiven Mitglieder bis hin zu der Beobachtung, daß Parteien offenbar in überdurchschnittlichem Maße Personen anziehen, die psychisch auffällig sind. Insofern kann der Rezensent dem Autor aus eigener Erfahrung mit der FDP meist nur zustimmen, wobei die Erkenntnisse durchaus verallgemeinerungsfähig sein dürften, das heißt auch für andere Parteien gelten. Man sollte daher das Buch allen Menschen in die Hand drücken, die sich mit dem Gedanken tragen, einer Partei beizutreten. Wer es gelesen hat und sein Vorhaben dennoch verwirklicht, ist offenbar hart genug gesotten, um es in einer Partei relativ weit bringen zu können. Dennoch enthält das Buch kaum Hinweise, warum sich ausgerechnet die FDP bei Wahlen so schwer tut. Daß es in der Partei überall "menschelt" und das Personal auf allen Ebenen, gemessen am Ideal, eher unzulänglich ist, kann der Autor zwar an instruktiven Beispielen belegen; dasselbe gilt aber auch für Parteien, die bei Wahlen wesentlich erfolgreicher sind. Offensichtlich macht, im Gegensatz zu früheren Zeiten, die FDP jetzt auch grundsätzlich vieles falsch, sonst könnte sie zum Beispiel das erhebliche nationalliberale Potential für sich erschließen. Das legt ihr inzwischen sogar die CDU nahe. Solchen Überlegungen gibt der Autor allerdings keinen Raum. Insofern unterliegt er den gleichen selbstauferlegten Beschränkungen wie die von ihm sonst meist zu Recht kritisierte Parteiführung.
Hans-Joachim Widmann: Parteienhochmut. Der Fall F.D.P. Stürzen unsere Parteien ab? Universitas Verlag, München 1999, 215 Seiten, 38 Mark |