© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    30/99 23. Juli 1999


Interview: Ein Gespräch mit Timo Pradel, dessen Kindern ein Arzt die Behandlung verweigerte
"Für meine Kinder ist es diskriminierend"
(JF)

Herr Pradel, welche konkreten Motive hat Dr. Falkenberg gehabt, die Behandlung ihrer Kinder abzulehnen?

Pradel: Ich kann das nicht nachvollziehen. Ich habe ihn nicht persönlich angegriffen und auch nicht über meine politischen Überzeugungen gesprochen, weder in der Praxis noch im Wartezimmer. Ich habe auch keine Konflikte mit anderen Patienten gehabt, sie weder in irgendeiner Weise traktiert noch belästigt. Er konnte an meinem Verhalten oder dem meiner Kinder und meiner Frau keinen Anstoß nehmen.

Sie haben rechtliche Schritte gegen Dr. Falkenberg eingeleitet. Was wollen Sie damit erreichen?

Pradel: Der Ansatzpunkt der Klage ist, daß ein Arzt eben aufgrund seines Eides keine Unterschiede bei der Behandlung der Patienten aufgrund deren politischer Überzeugungen, deren Rasse, Religion oder Nationalität machen darf. Dies hat Falkenberg aber getan. Mir geht es darum, daß solch ein schlechtes Beispiel Schule macht. Auch wenn ich heute der Betroffene bin, wer sagt denn, daß nicht andere Ärzte daraufhin keine PDS-Mitglieder, Moslems oder Juden mehr behandeln wollen. Dies könnte sich ja dann noch ausweiten – so etwas hatten wir schon einmal.

Auf Anfrage der JF sagte Dr. Falkenberg, er wolle sich zu der Frage wegen ärztlicher Schweigepflicht nicht näher äußern. Steckt vielleicht doch mehr dahinter?

Pradel: Solch eine Äußerung kennzeichnet nur die Feigheit des Arztes. Ich kann nur sagen, daß wir eine sehr gute Beziehung hatten und gut miteinander auskamen. Die Kinder haben den Doktor sogar gemocht. Es ist einfach diskriminierend für meine Kinder, daß sie nun Schwierigkeiten bekommen, weil der Vater politisch engagiert ist.

Hatten Sie und Ihre Kinder oder Ihre Frau wegen Ihrer Parteizugehörigkeit schon früher Schwierigkeit durch öffentliche Ablehnung, zum Beispiel durch Schikanen bei Behörden oder staatlichen Stellen?

Pradel: Früher, in der DDR, ich bin erst nach der Wiedervereinigung in den Westen gezogen, hatte ich des öfteren den Eindruck, Objekt der Ermittlungen von Staatsschutzorganen zu sein. Dies gilt heute, in der Bundesrepublik, mehr für die NPD als solches als für meine Person. Auch die Medien äußern sich oft im Sinne politischer Korrektheit und unrichtig über unsere politischen Motive. Dies erzeugt natürlich Druck. Aber daß mir persönlich von staatlicher Seite bewußt Schwierigkeiten gemacht wurden, kann ich nicht bestätigen. Demokratie lebt davon, daß alle Meinungen zugelassen werden und nicht in irgendeiner Weise aus der Sicht scheinbar besserer Ansichten verfolgt werden.

Haben Ihre Kinder einen neuen Arzt?

Pradel: Wir haben nun eine Ärztin im gleichen Ort, der die Auseinandersetzung gleichgültig ist und der es ganz grundsätzlich nur um den Gesundheitszustand der Kinder geht. Sie hat zwischenzeitlich auch von Dr. Falkenberg die Patientenunterlagen der Kinder erhalten, so daß hier keine Gefahr mehr besteht.


 
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