© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    30/99 23. Juli 1999


Bundeswehr-Gelöbnis: Lockeres Beisammensein im Bendler-Block
Antreten im Hinterhof
Philip Bern

Die Hauptstadt. Am Bendlerblock ist alles ruhig. Ein Fahnenjunker traut dem Frieden nicht. Er ist Feldjäger und zusammen mit seinen Kameraden für die Absicherung des dritten öffentlichen Gelöbnisses der Bundeswehr in Berlin verantwortlich. Teile aus drei Feldjägerbataillonen und 1200 Polizisten stehen an seiner Seite, um die Sicherheit und den reibungslosen Ablauf dieser festlichen Veranstaltung zu gewährleisten. Die Bundeswehr lädt ein, und alle kommen. Jedoch sind längst nicht alle Kommenden auch eingeladen. 2000 Gäste läßt man zu, der Rest der "Öffentlichkeit" bleibt beim öffentlichen Gelöbnis draußen.

Mittlerweile wird es lebhafter um den Bendlerblock, den zukünftigen zweiten Dienstsitz des Bundesministers der Verteidigung. Doch Stauffenbergstraße, Reichpietschufer und Teile der Sigismundstraße sind "hermetisch abgeriegelt". Das Viertel um den Bendlerblock ist zu. Man kann von außen nicht sehen, was die 432 Rekruten im Inneren bewegt.

Draußen indes zieht ein ganz anderer Personenkreis die Aufmerksamkeit auf sich. Die angekündigte Gegendemonstration ist bei ihrem Marsch um den Häuserblock am Endpunkt angekommen und gibt sich lautstark zu erkennen. Ein Zug aus bunten Fahnen und Haaren trifft vor den Absperrungen an der Sigismundstraße ein. 500 Meter trennen Demonstranten und Gelöbnis. Trotzig hatte man schon im Vorfeld Klage beim Verwaltungsgericht erhoben. Alles Spielverderber! Doch nicht aufgeben, und den Mob bei Laune halten! Singchoräle werden angestimmt, und verhallen fast ohne Resonanz. Peinlich! Durchhalteparolen werden gegeben:" Wir freuen uns, daß 2000 Leute hier sind!" Gelogen! Der Rest wäre im Urlaub – auch das stimmt nicht. Ein Mitglied der "Kampagne gegen Wehrpflicht und Zivildienst" gibt gegenüber dem JF-Reporter zu, daß es sich höchstens um 1500 Demonstranten handelt. Die Kampagne, die zur Untermiete im selben Haus wie die Landtagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen in Kreuzberg wohnt, hatte mit 19 weiteren Organisationen, wie die "Junge Linke", die "Demokratische Linke" oder die BUND-Jugend, zum Krachmachen eingeladen.

Die Musik wechselt. Ein anderer Künstler sitzt am Plattenspieler und legt einen bunten Reigen aus Fliegeralarmsirenen und Bombenkrachen auf. "Mit unseren Steuergeldern wurde im Kosovo gemordet", weiß der BAFöG-Bezieher zu berichten. Dann kommt "Martin von der Initiative IG-Farben". So wechseln sich im weiteren Verlauf noch einige Redner ab, wie z.B. der PDS-Bundestagsabgeordnete Wolfgang Gehrke, die ehemalige Grünenpolitikerin Jutta Ditfurth oder die Schauspielerin Käthe Reichel. Doch der Wunsch nach Krach übertönt sie alle, und schließlich kosten die Trillerpfeifen hier nur drei Mark.

Auf dem Parkplatz des Bendlerblocks geht es zunächst ruhiger zu. Die Formation der Rekruten wartet auf das "Stillgestanden!". Das Heeresmusikkorps samt Ehrenformation rückt ein. Nervöse Spannung, der Kanzler kommt. Zusammen mit dem Gastgeber Rudolf Scharping, dem Berliner Regierenden Bürgermeister Eberhard Diepgen, dem Generalinspekteur der Bundeswehr Hans-Peter von Kirchbach, und den Kommandeuren des IV. Korps und Berlins schreitet Schröder die Front ab.

Es folgt die übliche rhetorische Melange aus Hätschelei und Lobeshymnen. Verteidigungsminister Scharping "fand die Stimmung gut", auch nachdem zwei Dutzend Störer, teilweise splitternackt das bierernste Gelöbnis in ein lockeres Beisammensein mit Blasmusik verwandelt hatten.


 
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