© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    31-32/99 30. Juli / 06. August 1999


Österreich: Kampagne gegen Günter Rohrmoser / Intrigen in der ÖVP
Wortverdreher in Kärnten
Armin Weihrauch

Diese Absurdität interessiert mich nicht!" äußerte sich Günter Rohrmoser am Dienstag gutgelaunt gegenüber der JUNGEN FREIHEIT zu einem Vorgang, der im österreichischen Bundesland Kärnten hohe Wellen schlägt.

In seiner jüngsten Ausgabe druckte das Magazin profil Auszüge einer flüchtigen Mitschrift eines Vortrags des international geachteten Sozialphilosophen, den dieser Anfang Juni in einem Reformgremium der Kärntner ÖVP gehalten hatte.

Rohrmoser, langjähriger Berater des bayerischen Ministerpräsidenten Strauß, stellte darin provokante Thesen für eine inhaltliche Erneuerung der Kärntner Österreichischen Volkspartei (ÖVP) an. Einen Monat später sehen wir dann sein Konterfei in profil in einer illustren Reihe mit den Massenmördern Mao Tse-tung und Adolf Hitler. Die Kärntner ÖVP wird auf der Titelseite gefragt, ob der braune Diktator ihr neues Vorbild sei, während der frisch gewählte ÖVP-Chef Lexer eifrig beteuert, er habe "mit dem Dritten Reich nichts am Hut".

Wie kam es dazu? Durch die geschickte Montage völlig aus dem Zusammenhang gerissener Zitate Rohrmosers etwa zu Hitler oder Mao, deren Bewegungen anfangs sehr klein, bald jedoch sehr erfolgreich gewesen seien. In diesem Sinne nannte Rohrmoser sie "provokante Vorbilder" – für jeden, der an die Macht politischer Ideen glaubt, sollte man ergänzen.

Außerdem befand Rohrmoser zu der Bedeutung symbolischer Akte in der Politik: "Es gibt immer wieder Leute, die sagen, Hitler wäre ein Dummkopf und Verbrecher gewesen; beides war er, nur mit einem Dummkopf und Verbrecher kann man ein derartiges Ereignis überhaupt nicht erklären. Und genau in diesem Punkt des rituellen Setzens von Symbolen ist Hitler genial gewesen."

Jeder Historiker wird ihm in dieser Einschätzung zustimmen. Die Redaktion von profil nahm es zum Anlaß, eine verleumderische Hetzkampagne gegen Rohrmoser zu starten.

Scheinheilig empörten sich die regierenden Freiheitlichen über den "Skandal" und forderten Lexers Rücktritt, die SPÖ erwog gar juristische Schritte. Einige Stunden schien der Stuhl von Lexer ernsthaft zu wackeln, wie der JUNGEN FREIHEIT aus dem Umfeld des Parteichefs bestätigt wurde.

Besonders pikant ist, daß Lexer dem liberalen Flügel der ÖVP zuneigt und eine Zusammenarbeit mit Jörg Haider ablehnt. Das interne Reformpapier wurde der Presse vermutlich von innerparteilichen Gegnern Lexers zugespielt. Im Interview mit profil machte dieser sogleich eine tiefe Verbeugung vor der Political Correctness und distanzierte sich von den umstrittenen Aussagen Rohrmosers.

Führende ÖVP-Politiker stellten sich im österreichischen Fernsehen schützend vor den konservativen Hochschullehrer und beteuerten, dieser sei bestimmt kein Maoist oder Hitlerianer. Dazu Rohrmoser: "Wir haben einen solchen Zustand pseodo-liberaler Totalitarität erreicht, daß jede Form des Redens und des Denkens unter Tabu gestellt ist."


 
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