© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    33/99 13. August 1999


Ralf Fücks
Grüner Moderator
von Richard Stoltz

Daß er mit seiner Einladung zu einer Gesprächsrunde solche Unruhe stiften würde, hatte Ralf Fücks wohl nicht erwartet. "Je nach Laune bin ich irritiert bis belustigt über die Wellen, die das schlägt", sagte der Vorsitzende der Grünen-nahen Heinrich-Böll-Stiftung. Zugleich wies Fücks alle Spekulationen, bei seiner Einladung an knapp 20 führende Grünen-Politiker des Realo-Flügels und der Linken handele es sich um den Versuch, ein neues Machtzentrum zwischen und neben den traditionell verfeindeten Lagern zu bilden als "völlig überhöht". Das Treffen soll am 28. August in Berlin ohne die Spitzen der Partei und der Bundestagsfraktion sowie ohne die drei Bundesminister der Grünen stattfinden. Nach Angaben aus Parteikreisen war die Einladung von Fücks weder mit der Vorstandssprecherin Gunda Röstel noch mit ihrer Kollegin Antje Radcke abgesprochen; beide seien im vorhinein nicht unterrichtet worden.

Argwöhnisch beäugt wird die Intitiative von Fücks vor allem von jenen Linken in der Partei, die nicht eingeladen sind. So erklärte die Fraktionsvorsitzende der Grünen im Bundestag, Kerstin Müller, sie habe den Eindruck, es handele sich "um "ein verkapptes Realo-Treffen". Der finanzpolitische Sprecher der Bundestagsfraktion, Klaus Müller, und die Berliner Fraktionschefin Renate Künast, die beide ebenfalls zum linken Flügel zählen, begrüßten dagegen den Vorstoß.

Die Rolle als ausgleichender Moderator, in die Fücks mit seiner Einladung rückt, ist ihm nicht in die Wiege gelegt worden. 1951 im pfälzischen Edenkoben geboren, studierte er nach dem Abitur Sozialwissenschaft und Politologie in Heidelberg – bis er 1973 wegen Rädelsführerschaft bei einer Rektoratsbesetzung von der Universität relegiert wurde. In Bremen setzte Fücks, der bis1977 Mitglied im Kommunistischen Bund Westdeutschland (KBW) war, sein Studium fort, anschließend arbeitete er als Lehrbeauftragter an der Universität Bremen und als Dozent in der Erwachsenenbildung. Nebenher war er als Redakteur für die Zeitschriften Moderne Zeiten, die er 1980 mitbegründete, und die Hefte für Demokratie und Sozialismus tätig. Seit 1982 Mitglied der Grünen, wurde Fücks drei Jahre später in die Bremische Bürgerschaft gewählt. Als Sprecher des Bundesvorstandes der Grünen setzte er sich 1989/90 dafür ein, zusammen mit der SPD eine "neue geistige und politische Hegemonie" anzustreben. 1991 kehrte er in die Landespolitik zurück und wurde Bremer Senator für Stadtentwicklung und Umweltschutz. Im Februar 1995 trat er nach einem Mißtrauensvotum von seinem Amt zurück.

Offen bleibt, ob Ralf Fücks mit seiner Initiative wirklich nur die Flügelkämpfe zwischen Realos und Linken bei den Grünen überwinden helfen will, wie er vorgibt, oder ob er selbst insgeheim mit einem neuen Karrieresprung liebäugelt.


 
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