© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    33/99 13. August 1999


Bund gegen Mißbrauch der Tiere: "Exotische" Tiere gehören nicht in den Zirkus / Dokumentation
Ein Leben hinter Gittern ist nicht artgerecht
(JF)

Das Tierschutzgesetz schreibt für alle von Menschen gehaltenen Tiere eine artgemäße und verhaltensgerechte Unterbringung vor. Insbesondere darf die Möglichkeit der Tiere zu artgemäßer Bewegung nicht so eingeschränkt werden, daß ihnen Schmerzen oder vermeidbare Leiden und/oder Schäden zugefügt werden. (…) Ein Leben hinter Gittern oder an der Kette ist eindeutig nicht tiergerecht. Selbst vorübergehender, zeitlich und örtlich begrenzter Auslauf sowie der Einsatz in der Manege bieten den Tieren zu wenig Abwechslung und zu wenig Gelegenheit zum artgemäßen Laufen, Springen, Klettern, Spielen oder Schwimmen. (…) Besonders problematisch ist auch die verbreitete Einzelhaltung von Tieren (etwa Elefanten und große Katzen), die von Natur aus gern in Gruppen und Familien zusammenleben. (…)

In vielen Fällen erniedrigt Zirkus das Mitgeschöpf Tier zum bloßen Objekt der Unterhaltung und Belustigung. Vor allem "exotischen" Wildtieren wird in der Manege ihre natürliche Würde genommen: Ein Tier, das auf Kommando Männchen macht oder andere, oft lächerliche "Kunststückchen" zeigt, ist eine Karikatur seiner selbst.

Zirkus-Tiere dürfen nicht tun, was sie wollen, sondern müssen sich dem Willen des Dompteurs unterwerfen. Kein Bär würde freiwillig tanzen oder auf Schlittschuhen laufen, kein Löwe und Tiger von Natur aus durch Feuerreifen springen (…). Die Tiere werden zu diesen teilweise qualvollen und zumeist unnatürlichen "Leistungen" stets gezwungen oder durch Tricks und Manipulationen verleitet. Zwar gibt es inzwischen eine "sanfte", eher spielerische Dressur, aber eben auch Einschüchterung (gewöhnlich mit der Peitsche) und andere Formen der Gewalt. Auch insoweit kann entgegen der Behauptungen aus Zirkuskreisen von einer fairen und zumindest annähernd gleichberechtigten Gemeinschaft und Partnerschaft zwischen Mensch und Tier keine Rede sein. (…)

Tiere sind keine Sachen, sondern Lebewesen und Mitgeschöpfe. Auch sie haben ein Recht auf ein Dasein nach ihrer Art. Nichts gegen Unterhaltung und Kommerz, aber beides kann die im Zirkus übliche Erniedrigung, Unterwerfung und Ausbeutung wehrloser Tiere nicht rechtfertigen. Jede Haltung von (zumal "exotischen") Wildtieren ist zwangsläufig mit teilweise erheblichen Beeinträchtigungen der natürlichen Lebensweisen dieser Tiere verbunden. Ihre Unterbringung und Nutzung im Zirkus ähnelt bestenfalls einem humanen Strafvollzug – mit dem wichtigen Unterschied, daß die Tiere im Gegensatz zu verurteilten Menschen nichts verbrochen haben…

Wirtschaftliche Interessen der Zirkusbetriebe und Freizeitbedürfnisse der Besucher sind verständlich. Aber sie erweisen sich in einer ganzheitlichen Abwägung, bei der auch die Rechte und Interessen der Tiere berücksichtigt werden, als unzureichend. Nicht zuletzt deshalb haben Schweden, Finnland und Dänemark aus Gründen des Tierschutzes die Haltung, Ausbildung und Vorführung "exotischer" Wildtiere in Zirkusbetrieben weitgehend verboten. (…)

Wenn der Zirkus als Kunst und Kultur ernstgenommen werden will, dann muß er auch den Anforderungen des ethischen Tierschutzes gerecht werden. Der Erfolg künstlerisch, artistisch und akrobatisch geprägter Zirkusbetriebe bis hin zu dem chinesischen Nationalzirkus, in dem überhaupt keine Tiere auftreten, zeigt, daß ein weitgehender Verzicht auf Tiere in der Manege die Anziehungskraft der Programme keineswegs mindert, im Gegenteil: Die Zukunft gehört dem Zirkus, der außer den Interessen von Menschen auch grundlegende Rechte und Bedürfnisse von Tieren berücksichtigt.

Bund gegen Mißbrauch der Tiere e.V. , Viktor-Scheffel-Straße 15, 80803 München, Tel. 0 89 / 38 39 52-0, Fax 0 89 / 38 39 52-23


 
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