© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    35/99 27. August 1999


Meir Mendelssohn
Zwielichtiger bunter Hund
von Michael Oelmann

Er sorgte für den geschmacklosesten Treppenwitz des Jahres. Bei der Beerdigung von Ignatz Bubis, die gerade wegen Bubis’ Sorge um Grabschändungen in Deutschland in Tel Aviv stattfand, mischte er sich unter die Trauernden, ging dann ans Grab und bespritzte das Leichentuch mit schwarzer Farbe: Meir Mendelssohn. Anschließend kondolierte er der Witwe und begrüßte auch noch Bundespräsident Rau mit Handschlag.

Was ist das für ein Mann, der für dieses Aufsehen sorgte? Der 52jährige, der sich heute als "Künstler" bezeichnet und nach eigener Darstellung Luftfahrtingenieur mit Ausbildung in Israel ist, lebte fast drei Jahrzehnte in Düsseldorf. In den siebziger Jahren startete er dort eine gastronomische Karriere vom Kellner zum Besitzer von drei Kneipen. Stete Geldnot und schwache Zahlungsmoral hinderten ihn nicht daran, mit Luxuskarossen und wilden Parties den Zampano zu geben. Pfändungen und Konkurse folgten, bald mußte er seine Gaststätten verkaufen. Ende der achtziger Jahre verurteilte ihn das Amtsgericht Düsseldorf wegen Steuerhinterziehung zu einer Haftstrafe von zehn Monaten auf Bewährung. Wenig später brummte ihm das Amtsgericht Neuss eine ebenfalls zehnmonatige Bewährungsstrafe wegen betrügerischen Bankrotts auf.

An neuen Geschäftsideen mangelte es dem Mann mit dem Image eines bunten Hundes jedoch nie. Allerdings wohl an Fortune und Seriosität. Ein von ihm entwickeltes Bierfaß-Wiegesystem zur Kontrolle betrügerischer Kellner hatte keinen Erfolg. Auch ein von ihm initiiertes kommerzielles Spiel mit den sogenannten Kettenbriefen schlug fehl. Und der Versuch, sein Geld mit Geburtstags-Glückwunsch-Anzeigen für Prominente zu verdienen, scheiterte ebenfalls. Die anderen Prominenten, die jeweils diese Anzeigen bezahlen sollten, spielten nicht mit.

Mit der politischen Wende versuchte sich Mendelssohn als Immobilienkaufmann am Aufbau Leipzigs, bis er nach Königsberg ging. Dort gab er sich als Kunstprofessor aus und hatte auch seine ersten Kontakte mit Ignaz Bubis. Mendelssohn plante, in Königsberg eine jüdische Synagoge aufzubauen, und erhoffte sich dafür Zugriff auf die reichlichen deutschen Geldmittel. Vom Zentralrat der Juden allerdings gab es negativen Bescheid.

Rührt daher seine Antipathie gegenüber Bubis, die er auch in dessen Gegenwart bei einer Podiumsveranstaltung in Düsseldorf öffentlich machte? Es wird einer interessanten Aufbearbeitung bedürfen, ob an seinen Vorwürfen, Bubis habe einen "kriminellen Hintergrund" und sogar Bordelle besessen, etwas dran ist. Immerhin fordert sogar Michael Wolffsohn eine derartige Untersuchung. An der Zwielichtigkeit der Person Meir Mendelsohns ändert dies allerdings wenig.


 
Versenden
  Ausdrucken Probeabo bestellen