© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    36/99 03. September 1999


Sachsen: Die absolute Mehrheit der CDU unter Biedenkopf scheint nicht gefährdet
König Kurt will Sachsen blühen lassen
Felix A. Pönisch / Richard Stoltz

Seit zwei Wahlperioden regiert die CDU den Freistaat Sachsen mit absoluter Mehrheit. Daß sich daran etwas ändert, glaubt niemand ernsthaft. Die SPD liebäugelt zwar mit einer großen Koalition. Doch ob die Wähler ein Regierungsbündnis zwischen CDU und SPD wünschen, ist fraglich, eher unwahrscheinlich.

Die Union erfreut sich wegen ihrer stabilen Landespolitik ungebrochener Zustimmung aus allen Teilen der sächsischen Bevölkerung. Allein der Name Kurt Biedenkopf garantiert der Landes-CDU zusätzliche Wählerstimmen. Der Ministerpräsident des Freistaates Sachsen wird selbst von politischen Gegnern als Persönlichkeit anerkannt. Sein Auftreten in der Öffentlichkeit ist leutselig, und die Redebeiträge, egal ob im Landtag oder auf Veranstaltungen und Foren, zeugen von Sachkenntnis, Engagement und Selbstbewußtsein. In seiner letzten Rede zum Abschluß der zweiten Legislaturperiode erklärte Biedenkopf vor dem Landtag: "Wir sind dem Ziel, blühende Landschaften zu schaffen, ein gutes Stück nähergekommen. Viele reden davon: Erst das Land und dann die Partei. In Sachsen praktizieren wir diesen Grundsatz."

Als letzter Gradmesser für die Beliebtheit der zur Landtagswahl antretenden Parteien dienten die Kommunal- und Europawahlen am 13. Juni. Die CDU verzeichnete bei der Kommunalwahl (im Durchschnitt plus fünf Prozent) landesweit erhebliche Erfolge, zum Teil mit absoluten Mehrheiten in den Kreistagen, oder sie stellt die stärkste Frantion in den Kommunalparlamenten Kreisfreier Städte.

Neben der CDU legte nur noch die PDS (im Durchschnitt plus 2,5 Prozent) in der Wählergunst zu. Alle anderen Parteien verloren an Stimmen, die SPD im Landesdurchschnitt 2,5 Prozent. Auch bei den Europawahlen erwies sich die Union als stärkste Kraft in Sachsen, denn alle drei bisherigen Vertreter wurden erneut nach Straßburg geschickt.

Mit einem Landesparteitag in Leipzig eröffnete die CDU Mitte Juni offiziell den Wahlkampf für die Landtagswahl am 19. September dieses Jahres. "Das Beste für Sachsen" – mit dieser Botschaft ziehen die Christdemokraten in den bevorstehenden Wahlkampf und wollen damit ihre absolute Mehrheit im Landestag verteidigen. CDU-Fraktionschef Fritz Hähle resümierte, daß sich im Land "das allermeiste zum Guten" veränderte und fügte selbstkritisch an, auch nicht alles richtig gemacht zu haben.

Der Landesvorsitzende der PDS, Peter Porsch, sieht das natürlich anders und benennt seine Kritikpunkte: Erstens, "daß die alleinregierende CDU nicht bereit ist, wahrzunehmen, daß Sachsen trotz passabler Ausgangspositionen im Vergleich der neuen Länder zurückfällt. Zweitens, daß die Regionen inzwischen wirtschaftlich weit auseinanderliegen. Wenige Leuchttürme reichen halt nicht für alle. Nicht zuletzt gibt es Defizite bei den Schulen und Universitäten."

Kleinlich? Eine grundsätzliche Differenz zu den anderen Parteien ist in der Schulpolitik die Anzahl der Schüler in einer Klasse. Gegen den Ausbau des Förderschulsystems, die Heranbildung einer Leistungselite und der Erhöhung der Allgemeinbildung an den Gymnasien übt hingegen kaum jemand Kritik. Dasselbe gilt für das Hochschulwesen. Trotz heftiger Proteste setzte Wissenschaftsminister Hans Joachim Meyer die Gebühren für ein Zweitstudium, ohne den erwarteten Rückgang der Studentenzahlen, ebenso durch wie das im Mai dieses Jahres beschlossene leistungsfördernde Hochschulgesetz.

Auch Sachsens Innenminister Klaus Hardrath kann auf eine erfolgreiche Amtszeit zurückblicken. Die Zahl der Straftaten sank, die Aufklärungsquote für Verbrechen stieg. Mit den sogenannten Bürgerpolizisten und Sicherheitswachen schuf die Staatsregierung weitere Voraussetzungen für mehr Bürgernähe. Durch enge Zusammenarbeit mit dem Bundesgrenzschutz und Zoll soll der Grenzkriminalität ein Riegel vorgeschoben werden.

Die Arbeitslosenquote stieg zwar in Sachsen auf 18,3 Prozent. Untätigkeit kann man der Landesregierung aber nicht vorwerfen. Mit dem Verweis auf die höchste Investitionsrate aller Bundesländer zählte die CDU ihre Leistungen für Großunternehmen (Volkswagen, Siemens, AMD) auf und erklärte, daß man schon 300 Millionen Mark bei verfehlten Engagements verlor. "Der Staat kann keine Arbeitsplätze schaffen, er kann nur die Rahmenbedingungen setzen", meinte Biedenkopf zum Problem.

Auf ein gutes Ergebnis hoffen auch die Republikaner. Die 37jährige Spitzenkandidatin Kerstin Lorenz aus Nossen setzt sich vor allem dafür ein, daß das sächsische Kommunalabgabengesetz noch einmal auf den Prüfstand kommt. Es sei bürgerfeindlich und führe "zur Verarmung ganzer Bevölkerungsschichten". Außerdem setzen sich die Republikaner für die Rückführung abgelehnter Asylbewerber ein. Bei der Landtagswahl 1994 erreichten die Republikaner 1,3 Prozent, bei der Bundestagswahl waren es 1,9 Prozent.


 
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