© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    37/99 10. September 1999


Wahlen: Der Vorsitzende der CDU in Rheinland-Pfalz zum Kurs der Union
"Unsere Arbeit trägt jetzt Früchte"
Karl-Peter Gerigk

Herr Böhr, wie beurteilen Sie den Wahlausgang an der Saar? Ist die CDU jetzt wieder auf der Siegerstraße?

Böhr: Die CDU ist auf einem guten Weg. Wir haben ein junges und frisches Personalangebot, sind entschlossen und kampagnefähig. Das unterscheidet uns von der SPD. Unsere Arbeit trägt jetzt Früchte. Die Partei ist fit für die politische Auseinandersetzung – argumentations- und artikulationsfähig.

Worin liegt nach Ihrer Ansicht der Grund für den Erfolg der CDU im Saarland und in Brandenburg?

Böhr: Natürlich hat die chaotische Politik der Regierung Schröder zu den Wahlerfolgen im Saarland und in Brandenburg beigetragen. Innerhalb kurzer Zeit hat die Regierung Schröder das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger gründlich verspielt. Gleichzeitig muß man jedoch sagen, daß auch landespolitische Themen eine entscheidene Rolle gespielt haben. Das Saarland ist hoch verschuldet, abgewirtschaftet, so daß es kaum noch politischen Handlungsspielraum gibt. Hierfür trägt die SPD die Verantwortung. Die Sozialdemokratie ist heute schläfrig, rückwärtsgewandt. Innovationen traut ihnen keiner zu.

Ist denn die Sparpolitik der Regierung Schröder nicht das richtige Rezept?

Böhr: Wo wird gespart? Die 30 Milliarden Mehrausgaben werden jetzt nur mühsam wieder eingespart. Das ist kein Sparen, getroffen werden die Rentner, die Einkommenschwachen, die Familien. Leidtragende der Rentenpläne, der 630-Mark-Regelung, der Energieverteuerungen sind die "kleinen Leute". Gerade bei der sogenannten Ökosteuer ist empörend, daß mit dem moralisierenden Mäntelchen der Ökologie abgezockt wird.

Die DVU hat in Brandenburg den Einzug in den Landtag geschafft. Gibt es jetzt dauerhaft eine Wählerschaft rechts von der CDU ?

Böhr: Über die DVU kann es nur ein klares Urteil geben. Sie ist eine Organisation mit undurchsichtigen Strukturen und unseriösem Hintergrund. Allerdings bin ich weit davon entfernt, die Wähler der DVU als rechtsradikal einzustufen.Es sind Wähler, die zum großen Teil von der SPD abgewandert sind. Diese Beobachtung trifft im übrigen auch auf andere Bundesländer zu. Die Unzufriedenen und Enttäuschten haben den etablierten Parteien einen Denkzettel geben wollen.

Die PDS hat nochmals zugelegt. Wenn SPD und CDU die Mitte besetzen, gibt dies nicht Raum an den Rändern?

Böhr: Die Wahlerfolge der PDS in den neuen Bundesländern bieten Anlaß zur Sorge. Die Schuld an dieser Entwicklung tragen in weiten Teilen die Sozialdemokraten. Sie sind es, die die PDS hoffähig gemacht haben. Die Aufgabe gerade der Parteien der Mitte ist es, in den Ländern hier zu integrieren, Unzufriedene nicht sich selbst oder antidemokratischen Organisationen zu überlassen.

Meinen Sie, es muß sich sich in der CDU auch programmatisch etwas ändern, um konservative Wähler zurückzugewinnen?

Böhr: Die CDU steht für Verläßlichkeit, Glaubwürdigkeit und Zuverlässigkeit und steht damit im krassen Gegensatz zur kurzatmigen Politk der SPD. Ich denke nicht, daß wir programmatische Veränderungen vornehmen müssen. In den Grundlegungen sind wir fest, in der Durchsetzung pragmatisch. Wir müssen vielmehr klarmachen, daß wir eine langfristige und verläßliche Politik gestalten. Reformen, ehrlich vor der Wahl gefordert, sind weiter gültig.

Das Saarland ist das kleine Nachbarland von Rheinland - Pfalz und hatte diesmal nur knapp über 560.000 Wähler. Wie aussagekräftig ist eine solche Wahl für die Bundespolitik?

Böhr: Am vergangenen Sonntag wurde auch in Brandenburg gewählt. Auch hier mußte die SPD herbe Verluste hinnehmen. Ein Trend weg von der SPD hin zur CDU ist also offensichtlich: Hessen, Saarland, Brandenburg – und in einigen Tagen Thüringen, Sachsen und Berlin.

Was denken Sie über eine engere regionale Zusammenarbeit der Länder Saar und Pfalz nach dem jetzigen Regierungswechsel ?

Böhr: Beide Länder haben eine große Chance im Europa der Regionen.Die grenzübergreifende Zusammenarbeit hilft uns bei der Lösung zentraler Probleme.

Die grenzübergreifende Zusammenarbeit mit Frankreich wurde immer als maßgebend für die Entwicklung europäischer Regionen betrachtet. Was tut hier Rheinland-Pfalz – und was sollte getan werden?

Böhr: Für ein Land wie Rheinland-Pfalz ist die Zusammenarbeit mit den ausländischen Nachbarn geradezu von existentieller Bedeutung. In einem zusammenwachsenden Europa werden die Ländergrenzen für die Wirtschaft immer hinderlicher. Arbeitsplätze werden zerstört, wenn Grenzbäume errichtet werden. Abertausende Rheinland-Pfälzer, Luxemburger, Belgier und Franzosen pendeln täglich über die Grenzen hinweg zur Arbeit. Seit Jahren setzt sich die CDU in Rheinland-Pfalz für einen besseren Fremdsprachen-Unterricht an Schulen und für bilinguale Kindergärten ein. Junge Menschen müssen schon früh an die Sprache des Nachbarn herangeführt werden.

Sollten auch die deutschen Länder im Rahmen europäischer Regionen gefaßt werden?

Böhr: Ich bin der Auffassung, daß die Bundesländer – in Ost und West – eine möglichst enge regionale Zusammenarbeit pflegen müssen. Im übrigen hat die Bildung europäische Regionen längst begonnen. Helmut Kohl war es, der den Prozeß einleitete. Das wirtschaftliche Zusammenwachsen Europas macht eine solche Entwicklung unabdingbar. Ich nenne hier nur die "Euroregio" Sachsen-Schlesien.

Im Mainz regiert Kurt Beck. Rechnen Sie nach den jüngsten Erfolgen der CDU damit, diesen bei der Landtagswahl 2001 ablösen zu können. Sie gelten ja als Aspirant der CDU in Rheinland-Pfalz für die Kandidatur zum Ministerpräsidenten?

Böhr: Die CDU in Rheinland-Pfalz hat allen Grund, entschlossen und optimistisch zu sein. Die Wahl 2001 ist jedoch längst noch nicht entscheiden. Viel Arbeit liegt vor uns. Tatsache ist, daß Rheinland-Pfalz unter der jetzigen sozialliberalen Regierung in seiner gesamten Entwicklung im Vergleich der Bundesländer stetig zurückgefallen ist. Das Land braucht eine neuen Kraft, frische Ideen, weniger Behäbigkeit und Selbstzufriedenheit der Regierenden.

 

Christoph Böhr 1954 in Mayen/Eifel geboren, ist Landes- und Fraktionsvorsitzender der CDU in Rheinland-Pfalz. 1972 erlangte er das Abitur und studierte anschließend Germanistik, Politikwissenschaft und Neuere Geschichte in Trier. Von 1983 bis 1989 war er Bundesvorsitzender der Jungen Union Deutschlands. Seit 1987 ist er Mitglied des Mainzer Landtages, 1997 wurde er zum Vorsitzender der Christdemokraten in Rheinland-Pfalz gewählt.


 
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