© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    39/99 24. September 1999


Skalpell statt Rasenmäher
von Philip Plickert

Beim Sparen muß man Phantasie beweisen. Der Rasenmäher, mit dem SPD-Finanzminister Eichel derzeit über alle Ressorts fährt, ist gewiß nicht das richtige Werkzeug. Bevor Hans Eichel guten Gewissens den Rotstift ansetzt, müßten alle nur denkbaren Maßnahmen gegen die Verschwendung der öffentlichen Hand ergriffen werden. Ein Gesetz, welches Beamte für den grob fahrlässigen Umgang mit Steuergeldern haftbar erklärt oder vielleicht mit dem teilweisen Verlust ihrer Pensionsansprüche bedroht, könnte Wunder wirken!

Ganze 95 Prozent der Mittel würden zweckdienlich eingesetzt, so die Schätzung des Bundesrechnungshofes. Im Umkehrschluß heißt dies, daß wenigstens fünf Prozent der Mittel nicht zweckdienlich eingesetzt, also sinnlos verpulvert werden. Diese vergeudeten Gelder belaufen sich auf annähernd 60 Milliarden Mark, rechnet der Bund der Steuerzahler (BdSt) alljährlich vor – die doppelte Summe von Eichels Sparpaket.

Dieser Tage hat der Steuerzahlerbund erneut einen Mißstand angeprangert: die Vergabepraxis bei den sogenannten "Zuwendungen" des Bundes. Darunter fallen alle Arten von Zuschüssen, Darlehen, Schuldendiensthilfen und viele andere vermeintliche "Kleckerbeträge". 483 solcher Zuwendungen stöberten die Experten des BdSt auf mit einer Gesamtsumme von 34,6 Milliarden Mark. Alles Gelder, auf die die Begünstigten keine´n Rechtsanspruch haben, die also problemlos gestrichen werden könnten.

Bei den öffentlich gewährten Zuschüssen gibt es nicht einmal eine Meldepflicht, welche ein gewisses Maß an Transparenz in die öffentlichen Finanzen brächte. Die Finanzposten werden hinter irgendwelchen blumigen Bezeichnungen als "Sonstiges" im Haushalt versteckt. Der Bund der Steuerzahler führte zum Teil groteske Beispiele auf: Etwa die 572.983 Mark für die Einstellung eines Fußballentwicklungshelfers in Kenia oder Zuschüsse an das private Deutsche Institut für Normung (DIN) in Höhe von zehn Millionen Mark jährlich. Obwohl das Institut inzwischen ein Wertpapiervermögen von über 20 Millionen angehäuft hat, erhält es Zuschüsse und erlaubt sich eine fürstliche Vergütung seiner Mitarbeiter, Treueprämien, Zusatzpensionen und üppige Pauschalbeträge für Dienstreisen. Und anderswo gibt es in Schulen und Universitäten kein Geld für Bücher…

Würde der Finanzminister hier, also bei der sinnlosen Verschwendung, ansetzen und der hemmungslosen Bereicherung gewisser Gruppen einen Riegel vorschieben, dann wären die Menschen sehr viel eher zum Sparen bereit. Es käme ein ernsthaftes Klima des Maßhaltens auf.


 
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