© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    39/99 24. September 1999


José Bové
Retter des Roquefort
von Charles Brant

Mit seinem gallischen Schnurrbart und seinem südländischen Temperament hat José Bové in diesem Sommer die Fernsehbildschirme, die Titelseiten der Zeitschriften und die Herzen der Franzosen erobert. Der 46jährige verließ am 7. September als Held das Gefängnis von Villeneuve-lès-Maguelonne, wo er 20 Tage verbracht hatte. Kaum war er auf freiem Fuß, da kündigte er an, den "Kampf gegen die Globalisierungslogik" fortsetzen zu wollen.

Die Verhaftung José Bovés folgte unmittelbar auf die Verwüstung einer McDonald‘s-Filiale in Millau (Aveyron). Sie trug keineswegs dazu bei, die Gemüter zu beruhigen, sondern bündelte den Protest der Landbevölkerung, der den ganzen Sommer lang geschwelt hatte. Der Agitator gegen "den Schweinefraß" und "die amerikanische Hegemonie" wurde zur Symbolfigur, als er McDonald‘s zu seiner Zielscheibe auserkor. Das Land der tausend Käsesorten umjubelte Asterix, den Retter des Roquefort. Auch heute noch scheint er in den Augen Frankreichs nichts falsch machen zu können.

José Bové, der auf dem Larzac-Plateau Schafe züchtet, ist das Gegenteil eines unschuldigen Naturkindes. Er stammt aus der Ecke jener "Öko-Linken", die auch als Trotzkisten bezeichnet werden. In den sechziger Jahren protestierte er gegen den Ausbau eines Militärlagers auf dem Larzac-Plateau. Dies trug ihm drei Wochen Gefängnis ein. 1986 gehörte er zu den Gründern der Conféderation paysanne (Bäuerliche Konföderation). 1995 schloß er sich den Greenpeace-Demonstrationen gegen die Wiederaufnahme der Atomversuche an. Im vorigen Jahr beteiligte er sich an der Zerstörung von genetisch verändertem Mais und erntete eine aufgeschobene Haftstrafe von acht Monaten. Das Unterstützungskomitee, das seine Freilassung erreichte, wurde auf Initiative der kommunistischen Liga des Trotzkisten Alain Krivine eingesetzt.

DieConféderation paysanne, die die Speerspitze in den Unruhen dieses Sommer bildete, entstand aus der Vereinigung verschiedener roter Gruppierungen. Sie kann auf nationaler Ebene nur unbedeutende Minderheiten an sich binden, floriert aber im Süden und Westen Frankreichs. Wen stört es da schon, wenn gemunkelt wird, ihr Eintritt in die politische Arena sei von der Regierung choreographiert worden, um der allzu mächtigen FNSEA (Nationaler Verband der Syndikate landwirtschaftlicher Unternehmer) eins auszuwischen? Der Triumph des José Bové zeigt einerseits die Verärgerung der Franzosen über die Entscheidung der USA, bestimmte ihrer landwirtschaftlichen Produkte mit Sanktionen zu belegen. Andererseits drückt sich hier die Angst der Bevölkerung vor weiteren Lebensmittelskandalen aus ("Rinderwahn", Coca Cola etc.). Wie lange dieses plötzlich erwachte Öko-Gewissen anhalten wird, bleibt abzuwarten.


 
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