© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    40/99 01. Oktober 1999


Nordrhein-Westfalen: SPD und CDU lieferten sich Kopf-an-Kopf-Rennen
Ein Trostzuckerl für die SPD
Volker Kempf

In der Hälfte der 14 kreisfreien Städte in Nordrhein-Westfalen, in denen vergangenen Sonntag Stichwahlen stattfanden, setzte sich jeweils der Oberbürgermeisterkandidat der SPD durch. Gemessen an der Ausgangslage nach den Wahlergebnissen zwei Wochen zuvor, als die CDU spektakuläre Siege erringen konnte, zergeht das den Sozialdemokraten wie ein Trostzuckerl im Munde.In Dortmund wird sich, nach bisherigen Absprachen, die ungewöhnliche Ratsmehrheit aus CDU und Grünen einem roten Oberbürgermeister gegenübersehen. Ähnlich sieht es in Bonn aus, wo die CDU bei den Stadtratswahlen noch als strahlende Siegerin hervorging; dort votierten die Bürger nun mit Bärbel Dieckmann für eine sozialdemokratische Oberbürgermeisterin.Die Bottroper machten wiederum einer Ratsmehrheit aus CDU, Ökologisch-Demokratische Partei (ÖDP) und FDP einen Strich durch die Rechnung, indem sie mit 53,8 Prozent der Stimmen SPD-Kandidat Ernst Löchelt das Vertrauen schenkten. Mit ganzen 33 Stimmen Vorsprung hält in Mülheim an der Ruhr ab sofort Thomas Schröer als Oberbürgermeister das SPD-Fähnchen in die Höhe. Mülheim war bislang schwarz-grün regiert.

In der Metropole Köln und der Landeshauptstadt Düsseldorf setzte dafür die CDU ihren Siegeszug fort und sorgt damit für klare Verhältnisse in den Rathäusern. Die Sensation, daß nach dem vorzeitigen Aus des affärenbelasteten SPD-Kandidaten Klaus Heugel mit Anne Lütkes in Köln die erste grüne Oberbürgermeisterin im Land gestellt wird, blieb folglich aus.Die Düsseldorfer Oberbürgermeisterin Marlies Smeets (SPD) hatte unterdessen vor allem mit dem Kurs von Bundeskanzler Gerhard Schröder zu kämpfen. Auf Smeets’ Wahlplakaten fehlte der Hinweis auf ihre Partei. Statt dessen warb sie, "gegen Arroganz und Kälte" vorgehen zu wollen. Der Sieger Joachim Erwin (CDU) wird in der Landeshauptstadt zusammen mit der FDP den Rückbau von Radwegen sowie die Abschaffung der Vorgärtenschutzverordnung zugunsten von Autoabstellplätzen in Angriff nehmen. Ein Traumergebnis erreichte in Leverkusen CDU-Kandidat Paul Hebbel mit 62 Prozent der Stimmen. Bei den Stichwahlen zu den Landräten konnte die CDU zudem in fünf Kreisen gewinnen, die SPD nur in zwei.Für die Sozialdemokraten dürfte die Schadensbegrenzung in den Großstädten vor allem den Wählern der dort relativ starken Grünen zu verdanken sein. Etwas vage hofft die SPD daher, den Anfang vom Aufwärtstrend in der Wählergunst getan zu haben. Insgesamt führt die Union allerdings in 13 von 23 Großstädten, und auf dem Land ist sie traditionell noch stärker. CDU-Parteichef Jürgen Rüttgers sieht seine Partei denn auch nach den Stichwahlen als die Nummer eins in Nordrhein-Westfalen bestätigt. So macht sich jeder für die Landtagswahl im Mai nächsten Jahres so gut es geht Mut.


 
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