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Berlin: Der CDU-Abgeordnete Wolf-Dieter Zupke über eine Zusammenarbeit mit den Republikanern
"Die Hauptstadt ist zweigeteilt"
Philip Plickert

Herr Zupke, die CDU taumelt von Sieg zu Sieg. Womit begründen Sie diesen Höhenflug?

Zupke: Die SPD hat nach der gewonnen Bundestagswahl große Probleme bekommen. Ihre Politik ist einfach sehr wankelmütig. Auch hier in Berlin herrscht große Unsicherheit über ihrenKurs. Keiner weiß, wo sie hinwill. Ich denke dabei gerade an den Modellversuch zur Drogenfreigabe: Da hat sie mit der PDS, mit den Grünen gegen die CDU gestimmt. Also, die große Koalition besteht nur auf dem Papier. Viele in der SPD hätten lieber Rot-Grün. Momentan läuft alles sehr gut für die CDU, doch wir dürfen nicht glauben, daß es ein Selbstläufer wird. Wir müssen schauen, daß wir die Probleme konsequent angehen.

Den Auftakt für die Erfolgsserie der CDU machte Hessen. Hier zog die Kampagne gegen den Doppelpaß. Heute ist das Gesetz vom Bundespräsidenten unterzeichnet. Warum klagt die Union jetzt nicht vor dem Bundesverfassungsgericht?

Zupke: Das ist nicht konsequent. Ich bin der Meinung, daß man dieses Thema weiterverfolgen sollte. Die Bevölkerung spürt, daß hier gewaltige Probleme auf uns zukommen.

Auch bei der Union gibt es viele Zeitgeist-Ritter. Der JU-Chef Ihres Bezirks, Gregor Hoffmann, sagte einmal uns gegenüber, es gäbe in Berlin gar kein Ausländerproblem.

Zupke: Obwohl er mein Kollege ist und wir im gleichen Bezirk kandidieren, stimme ich dem überhaupt nicht zu. Ich weiß auch nicht, ob das seine wahre Meinung ist. Viele haben bei diesem Thema leider eine zweigeteilte Meinung, eine nach innen, eine nach außen. Weil eben alles, was man im Zusammenhang mit Ausländern sagt, gleich von den linken Parteien, teilweise auch der Kirche, als ausländerfeindlich bezeichnet wird. Man wird immer gleich in die rechte Ecke gestellt. Aber natürlich haben wir Probleme mit Ausländern. Man traut sich nur nicht mehr, diese Probleme offen und ehrlich anzusprechen.

Die CDU aber auch nicht...

Zupke: Das gebe ich gerne zu. Aber ich werde immer sagen, daß ich nicht will, daß wir in meinem Viertel, in Hohenschönhausen, einmal Zustände bekommen wie in Kreuzberg, Wedding, Schöneberg oder Tiergarten. Das will ich nicht!

Zurück zur Wahlstrategie der Union. Einige hoffen anscheinend auf eine absolute Mehrheit. Halten Sie das für realistisch?

Zupke: Nein, überhaupt nicht. Es wäre wünschenswert. Die Stadt ist aber immer noch zweigeteilt, und im Osten ist halt die PDS sehr stark.

Für die Union stellt sich die Frage nach einem Partner, wenn die FDP still und leise wegstirbt. Ist die Union nur nach links koalitionsfähig?

Zupke: Einige meinen ja, in vielleicht fünf Jahren könnte die CDU mit den Grünen zusammenarbeiten. Ich sage aber ganz ehrlich, für mich persönlich wäre auch eine demokratische Partei rechts von der CDU ein möglicher Koalitionspartner.

Die Gutmenschenphalanx meint, dann ginge die Welt unter. Gerade hat beispielsweise Haider in Österreich einen grandiosen Erfolg erzielt. Und auch dort geht die Welt nicht unter.

Zupke: Die Entwicklung in Österreich war abzusehen. Ich weiß gar nicht, warum man da jetzt so herumschreit. Auch in anderen europäischen Ländern gibt es starke rechte Parteien.

Das heißt konkret: Wären beispielsweise die Republikaner auf längere Sicht ein möglicher Koalitionspartner für die Union?

Zupke: Das ist eine schwierige Frage. Ich war von 1992 bis 1995 Bezirksverordneter und ich persönlich und auch einige meiner Mitstreiter in der Fraktion konnten mit den Republikanern besser zusammenarbeiten als mit den Grünen. Für die Zukunft kann ich mir durchaus vorstellen, daß wir als CDU mit den Republikanern zusammengehen.

Auf den Gebieten Innere Sicherheit oder Ausländerproblematik gibt es doch sicherlich mehr Gemeinsamkeiten mit den Republikanern.

Zupke: Ja, gerade bei den Inneren Sicherheit. Im Innenausschuß können wir gegen die SPD viele Dinge nicht durchsetzen, beispielsweise die Videoüberwachung an gefährlichen Plätzen. Da verweist die SPD auf die Stasi, obwohl man das überhaupt nicht vergleichen kann! Etwa die Hälfte der SPD-Abgeordneten steht für die Koalition, aber die andere Hälfte liebäugelt mit Rot-Grün.

Welche Chancen räumen Sie den Republikanerm ein, ins Abgeordnetehnhaus einzuziehen?

Zupke: In Brandenburg etwa ist die DVU auch in den Landtag gekommen, also denke ich, daß die Republikaner gute Chancen haben. Als CDU-Mitglied wünsche ich mir das natürlich nicht. Aber realistisch gesehen können die Republikaner diese fünf Prozent schaffen. Auf alle Fälle werden sie in viele Bezirksverordnetenversammlungen einziehen. Davon kann man ausgehen.

Es gibt Gerüchte, daß CDU-Abgeordnete und höhere Funktionäre nach einem Republikaner-Wahlerfolg an Übertritt denken.

Zupke: Das glaube ich nicht. Ich selber war zeitweilig mit der Politik der CDU, insbesondere in der Ausländerpolitik, sehr unzufrieden. Und ich habe in der Vergangenheit in der Bezirksverordnetenversammlung mit den Republikanern auch gut zusammengearbeitet. Das ist kein Geheimnis. Beispielsweise die Forderung, daß jeder Kandidat um ein politisches Amt ein polizeiliches Führungszeugnis erbringen sollte, finde ich recht gut. Dann hätten wir nämlich...

Halbleere Parlamente?

Zupke: Das würde ich nicht sagen, aber die Stasi-Mitarbeiter der PDS würden dann nicht im Abgeordnetenhaus sitzen. Ich gehe mit bestimmten Punkten des Republikaner-Wahlprogramms durchaus konform.

Würden Sie also sagen, es handelt sich bei den Republikanern um eine demokratische Partei?

Zupke: Der Verfassungsschutz hat festgestellt, daß die Republikaner nicht mehr observiert werden, weil sie als auf dem Boden des Grundgesetzes stehend zu betrachten sind. Das ist bei einigen Strömungen der PDS nicht der Fall. Von daher habe ich keine Probleme.

 

Wolf-Dieter Zupke geboren am 6. Juni 1943 in Berlin, absolvierte nach der mittleren Reife zunächst eine Lehre als Buchdrucker und erwarb später sein Diplom als Wirtschaftsingenieur. Seit 1993 ist er Inhaber einer Werbeagentur. 1978 trat er in die CDU ein. Von 1992 bis 1995 war er Mitglied der Bezirksverordnetenversammlung in Berlin-Hohenschönhausen, seit 1995 gehört er dem Abgeordnetenhaus von Berlin an. Er ist Mitglied im Innen- und im Petitionsausschuß.


 
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