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Berlin-Wahl II: Der Nationalliberale Klaus Gröbig ist optimistisch
"Das Linkskartell verhindern"
Richard Stoltz

Der ehemalige Generalstaatsanwalt und nationalliberale FDP-Politiker Alexander von Stahl wittert Morgenluft. "In Österreich hat offensichtlich ein nationalliberaler Kurs Erfolg", sagte er nach dem Wahlsieg der Freiheitlichen Jörg Haiders bei den Nationalratswahlen vergangenen Sonntag. In Deutschland hingegen verfolge FDP-Chef Gerhardt eine "verwaschene Programmatik", erklärte von Stahl.

Die Parteiführung der Liberalen will aus dem Wahlerfolg der FPÖ indes keine Konsequenzen ziehen. "Mit plumpen Rechtsparolen kann die FDP nichts gewinnen", sagte die Vizechefin der FDP, Cornelia Pieper. "Das Wahlergebnis hat für uns keine Bedeutung", wiegelte auch Stellvertreter Rainer Brüderle ab. Der Berliner Parteichef Rolf-Peter Lange, der am kommenden Sonntag um den Einzug ins Abgeordnetenhaus bangen muß, räumte lediglich ein, daß es in seinem Landesverband "einige Parteifreunde" gebe, "die Sympathien für die Ideen des Herrn Haider hegen".

Zu diesem Kreis gehört der Bezirksvorsitzende und Spitzenkandidat in Berlin-Tempelhof, Klaus Gröbig. Die junge freiheit sprach mit dem 43jährigen.

Herr Gröbig, bei den Landtagswahlen im Saarland, in Brandenburg, Thüringen und Sachsen mußte die FDP schwere Wahlschlappen einstecken und verpaßte überall den Einzug ins Landesparlament. Was läßt Sie optimistisch sein, daß es der Berliner FDP bei der Abgeordnetenhauswahl am 10. Oktober nicht genauso ergeht?

Gröbig: Im Gegensatz zu den stattgefundenen Wahlen wird die FDP in Berlin gebraucht, um den Berlinern das drohende Linkskartell aus Postkommunisten, Grünen und SPD zu ersparen. Die FDP war immer dann stark, wenn sie eine Funktion hatte.

Aber in allen Umfragen liegt die FDP derzeit konstant unter der Fünf-Prozent-Hürde.

Gröbig: Schon Churchill vertraute nur den Statistiken, die er selbst gefälscht hatte. Im Ernst: Die seriösen Institute sehen uns bei vier bis fünf Prozent, und die Partei kämpft, wie sie noch nie gekämpft hat.

Sie gelten als Exponent des nationalliberalen Flügels der FDP. Mit welchen inhaltlichen Schwerpunkten haben Sie den Wahlkampf geführt?

Gröbig: Wir hören zu, was den Bürger interessiert, und nicht, was die Gutmenschen vorschreiben. Der Bürger steht im Mittelpunkt. Es muß Schluß sein mit Kollektiv- und Gruppenzwängen, mit der politischen Korrektheit.

Die CDU setzt augenscheinlich auf eine eigene Mehrheit, will ansonsten aber die Koalition mit der SPD fortsetzen. Die FDP wird zum Regieren nicht gebraucht. Warum sollte man die Liberalen trotzdem wählen?

Gröbig: Die gedemütigte SPD wird sich der Erneuerung der großen Notkoalition verweigern. Ob die Linksfront aus der Regierung oder der Opposition die Stadt faktisch regiert, bleibt sich gleich. Wer um absolute Mehrheiten kämpft, es aber niemandem sagt und versucht, der FDP die Stimmen wegzunehmen, spielt Harakiri zum Schaden Berlins. Das Schlimme ist, daß wir das alles schon einmal hatten. Vor zehn Jahren vergraulte die CDU mit Zeitgeistsurfen auch ihre Wähler und verhalf Momper auf den Sessel des Bürgermeisters. Jetzt wird der gleiche Fehler wiederholt. Die Stadt Ernst Reuters darf nicht in die Hand der Kommunisten fallen.

Was streben Sie an, wenn Sie doch ins Abgeordnetenhaus einziehen?

Gröbig: Die bürgerliche Mehrheit des Senats wird das tun, was zehn Jahre nicht getan worden ist: sie wird Entscheidungen treffen. Sie wird den Stau auflösen, im Kopf und auf der Straße.


 
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