© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    41/99 08. Oktober 1999


Rituelles Schächten: Interview mit der radikalen Tierschützerin Brigitte Bardot
"Für Tiere bin ich zu allem bereit"
Xavier Cheneseau

Brigitte Bardot ist nicht nur eine lebende Legende und ein Star des französischen und internationalen Films, sondern auch eine moderne Frau, die einen moralischen Imperativ darin sieht, für das zu sprechen und zu kämpfen, woran sie glaubt.

1974 beendete die heute 65jährige ihre Filmkarriere und begann ein Leben als Tierschützerin. Seither setzt sie sich ohne Rücksicht auf Empfindlichkeiten jeder Art für die Belange der Tiere ein und startete diverse Kampagnen zur Rettung von Robben, Affen, Wölfen und Schweinen. Um ihren Kampf für die Rechte der Tiere besser führen zu können, gründete sie 1986 die "Brigitte Bardot Foundation".

Mit ihren kompromißlosen Stellungnahmen gegen das massenhafte Schächten ("Schafmassaker") während des islamischen Festes Aïd-el-Kébir und dem Vergleich des rituellen Schafeschlachtens mit den Massakern an Zivilisten in Algerien hat sie sich wiederholt hohe Geldbußen wegen "Aufwiegelung zum Rassenhaß" eingehandelt. Für Brigitte Bardot selbst haben die für Aufsehen sorgenden Gerichtsurteile allenfalls die Willkür der französischen Justiz verdeutlicht, deren Haltung um so unverständlicher sei, als die Republik offiziell religiöse Kulte weder anerkennt noch unterstützt.

Die massiven Angriffe, denen Brigitte Bardot sich ausgesetzt sah und die auch innerhalb der deutschen Tierrechtsszene zu heftigen Diskussionen darüber geführt haben, ob und wenn ja, wie gegen das grausame Schächten Stellung bezogen werden darf, sind ihrer Meinung nach Teil einer Kampagne, die darauf abzielt, das zeitgenössische Selbstverständnis Frankreichs und Europas systematisch zu zerstören.

Jahrzehntelang galt Brigitte Bardot als Verkörperung dessen, was unter "ewig weiblich" verstanden wird. Inzwischen muß sie sich vor allem der Angriffe der auch in Frankreich grassierenden politischen Korrektheit erwehren.

Das nachfolgende Gespräch mit Brigitte Bardot führte Xavier Cheneseau.

Was hoffen die Bewegung gegen Rassismus und für Völkerfreundschaft (MRAP) und die Internationale Liga gegen Rassismus und Antisemitismus (LICRAS) zu erreichen, indem sie Sie für Ihre Verdammung überkommener religiöser Praktiken vor Gericht zerren?

Bardot: Der MRAP, die LICRAS und andere Organisationen lauern geradezu auf alles, was sie, unter dem Deckmantel des Anti-Rassismus, in bares Geld verwandeln können. Sie sind selber Rassisten, und zwar gegen alles, was bedingungslos französisch ist. Ihre juristische Belästigung wird mich in keinster Weise daran hindern, meine Kampagne gegen den bestialischen Mord an Lebewesen fortzusetzen – an Schafen, die bei vollem Bewußtsein und voller Todesangst sind, die gnadenlos abgeschlachtet werden, eins vor den Augen der anderen, wie es gerade kommt, und in ihrem Blut und Exkrementen schwimmen zur Feier des furchtbaren Aïd-el-Kébir.

Das hat nichts mit dem Rassismus gemein, der darin besteht, eine Person anzugreifen oder zu belästigen, weil sie einer anderen Rasse als ihr Angreifer angehört? Letztendlich verlangen Sie ein Gesetz über das Schlachten von Tieren, so wie es etwa in der Schweiz gültig ist, der ältesten Demokratie des europäischen Kontinents. Können Sie es sich erklären, daß gewisse "Tugendorganisationen", die sich selbst als Anti-Rassisten bezeichnen, es unter dem Vorwand, Sie seien Rassistin, auf Sie abgesehen haben?

Bardot: Diesen Begriff des "Rassismus" kann ich wirklich nicht mehr hören. Wenn ich die Kanadier des Mordes anklage, weil sie Robbenbabys abschlachten, zerrt mich niemand vor die 18. Strafkammer Abteilung Rassismus. Also? Man wird zum Kniefall vor barbarischen und widerlichen Taten gezwungen, denn ansonsten gilt man als "Rassist"! Nun gut, ich war früher keine Rassistin, aber im Moment befinde ich mich auf dem besten Weg dazu.

Es gibt Stimmen, die behaupten, Ihre Stellungnahmen gegen das islamische Aïd-el-Kébir hätten etwas anderes im Auge gehabt als den Tierschutz. Was ist an solchen Behauptungen dran?

Bardot: Ich liebe auch die Menschen – jene nämlich, die ein Herz haben, die großzügig und barmherzig sind. Für alle anderen habe ich nichts als Verachtung übrig; ihre Rasse, Hautfarbe oder Religion ist mir dabei egal. Auf dieser Erde gibt es nur noch wenige Menschen, die wirklich Menschen sind. Es ist nicht nur das islamische Fest Aïd-el-Kébir, das ich abscheulich finde. Die Jagd mit allem, was dazugehört, widert mich unwahrscheinlich an: Die Jäger bilden einen Staat im Staat, sie manipulieren politische Entscheidungen, setzen sich fröhlich über französische und europäische Gesetze hinweg und töten Jahr für Jahr 45 Millionen Tiere. Bin ich etwa Rassistin, weil ich die Jäger hasse? Die Franzosen sind auch keine Engel mehr! Das korrupte System, in dem wir alle leben, privilegiert Schmutz, Krankheit, Intrigen, Zerstörung und Perversion gegenüber allem, was schön, edel und würdig ist. Ich fühle mich ungemein unwohl in der heutigen Gesellschaft.

Was verlangen Sie von der islamischen Gemeinschaft und von den öffentlichen Machthabern?

Bardot: Ich habe es aufgegeben, irgend etwas von den öffentlichen Machthabern oder der menschlichen Gemeinschaft zu verlangen. Dies ist ein zu ungleicher Kampf, der zuviel Willenskraft und Einsatz verlangt. Ich zähle nur noch auf die Öffentlichkeit, auf die einzelnen Menschen, denn sie sind diejenigen, die etwas ändern können, wenn sie wollen. Noch fehlt ihnen dazu das nötige Reaktionsvermögen.

Geht es Ihnen nicht auch darum, Frankreich dazu aufzufordern, seinen ursprünglichen Prinzipien treu zu bleiben, wenn Sie den Mord an Tieren, insbesondere das Schächten, verdammen?

Bardot: Das Frankreich meiner Kindheit und Schulzeit gibt es nicht mehr. Ich fühle mich als Ausländerin in meinem eigenen Land, das von Fremden beherrscht wird. Niemand hat diese Entwicklung aufgehalten! Ich fürchte, daß ich mir ein neues Gerichtsverfahren auf den Hals lade, indem ich mich so äußere.

Haben die juristischen Belästigungen, denen Sie zum Opfer gefallen sind, ihren Ursprung nicht in Ihren politischen Stellungnahmen?

Bardot: Ich habe die Politik satt, meine einzige Politik sind die Tiere, für die ich zu allem bereit bin. Ich konserviere meine Energie, um sie zu schützen.


 
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