© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    41/99 08. Oktober 1999


Dokumentation: Das "Schwarzbuch" des Bundes der Steuerzahler
Treue Diener, teure Diener
(JF)

Der Stoff scheint nicht auszugehen: Zum 27. Mal hat der Bund der Steuerzahler (BdSt) sein "Schwarzbuch" über die Verschwendung öffentlicher Steuergelder vorgelegt. "Auch in diesem Jahr hatten wir keine Schwierigkeiten, Fälle aus den zurückliegenden zwölf Monaten zu dokumentieren, wo nach unserer Meinung mit Steuergeldern nicht sparsam oder unwirtschaftlich umgegangen wurde", so BdSt-Präsident Karl Heinz Däke, der die jährliche Steuergeldverschwendung auf rund 60 Milliarden Mark schätzt. Nachfolgend dokumentieren wir einige wenige Beispiele.

l Münchweiler. Konversion ist ein schwieriges Geschäft. Dies zeigt sich einmal mehr im südpfälzischen Münchweiler. Seitdem die Amerikaner vor mittlerweile sechs Jahren abgezogen sind, steht das ehemalige US-Hospital samt Wohnungen leer. Bund, Land, Kreis und Ortsgemeinde suchen immer noch nach einem Käufer für die Liegenschaft. Über sechs Millionen Mark Steuergelder sind bislang für Bewachung, Strom, Heizung und Reparaturen gezahlt worden. Vermutlich mehr, als die Immobilie überhaupt wert ist. Ärgerlich für die Steuerzahler: Bereits 1996 hat der für den Verkauf zuständigen Oberfinanzdirektion Koblenz (OFD) ein konkretes Kaufangebot vorgelegen. Vier Millionen Mark bot damals ein Unternehmen für das gesamte Areal. Zu wenig, befand die OFD und forderte 5,3 Millionen Mark.

l Berlin. Am 26. Mai war Stichtag für die Sozialwahl 1999. 29 Millionen Versicherte und Rentner der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte sowie 18 Millionen Mitglieder der gesetzlichen Ersatzkassen waren aufgerufen, ihre Stimme für die Besetzung der Selbstverwaltungsorgane der Sozialversicherungsträger abzugeben. Viel zu sagen haben die Versichertenvertreter nicht, werden doch die wichtigsten Fragen vom Gesetzgeber geregelt. Das hielt die Organisatoren der Wahl freilich nicht davon ab, im Vorfeld kräftig die Werbetrommel zu rühren. Über 100 Millionen Mark hat die möchte-gern-demokratische Veranstaltung gekostet, die – von den gewählten Verbandsfunktionären einmal abgesehen – ganz bestimmt niemand vermißt hätte.

l Reutlingen. Die Staatliche Archivverwaltung Baden-Württemberg gibt Kreisbeschreibungen heraus. Der jeweilige Land- oder Stadtkreis tritt als Mitherausgeber auf. Er beteiligt sich an den Herstellungskosten durch die Abnahme einer bestimmten Anzahl von Bänden und durch Zuschüsse. Die durchschnittliche Bearbeitungsdauer für eine Kreisbeschreibung beträgt rund acht Jahre. Nunmehr liegt eine Gesamtkostenberechnung für die Kreisbeschreibung Reutlingen vor. Insgesamt entstanden Aufwendungen von 5,4 Millionen Mark. Legt man die Kosten auf die 2.050 Exemplare der Gesamtauflage um, errechnet sich ein Herstellungspreis von 2.667 Mark je Exemplar, von dem das Land Baden-Württemberg allein 2.263 Mark trägt. Der reguläre Verkaufspreis für die zwei Bände von 168 Mark deckt somit gerade 6,3 Prozent der Herstellungskosten.

l Duisburg. Der Stadt Duisburg sind ihre neuen Mitarbeiter offenbar lieb und teuer. Für die Besetzung einer BAT VIb-Stelle mit einem Grundgehalt je nach Alter zwischen 2.200 und 3.000 Mark als Theaterkassierer(in) gab die Stadt eine Anzeige in einer Größe auf, mit der man andernorts Stadtdirektoren sucht. Auf 135 mm in der Breite und 180 mm in der Höhe wurden Eingruppierung, Arbeits- und Dienstzeit, Aufgaben und Anforderungen umfangreich beschrieben. Geschaltet wurde die Anzeige im Verbreitungsgebiet "Rhein-Ruhr-West" von WAZ und NRZ. Kosten: 9.300 Mark. Den finanziellen Aufwand rechtfertigt die Stadt Duisburg mit dem Hinweis, daß die Resonanz es gestatte, "die ausgeschriebene Stelle zu besetzen".

Das "Schwarzbuch" ist beim Bund der Steuerzahler, Adolfsallee 22, 65185 Wiesbaden, kostenlos erhältlich.


 
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