© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    42/99 15. Oktober 1999


Berlin-Wahl: Zuwächse für CDU und PDS / FDP und Republikaner spielen keine Rolle
Eine neue Heimat für alte Linke
Alexander Schmidt

Die Wahlen zum Berliner Abgordnetenhaus und den Bezirksverordnetenversammlungen haben zwar keine Änderungen der politischen Lage in Berlin herbeigeführt, jedoch in zwei Richtungen den Bundestrend bestätigt. Eberhard Diepgen wurde mit 40,8 Prozent der abgegebenen Stimmen als Regierender Bürgermeister bestätigt, das sind 3,4Prozent mehr als bei der vergangenen Wahl im Jahr 1995 (siehe nebenstehende Graphik). Das sei "der größte Wahlerfolg der Berliner CDU", sagte Diepgen am Wahlabend stolz.

Die zu erwartenden Verluste der SPD blieben mit 1,2 Prozent eher gering. Daß auch die Grünen nur noch mit unter zehn Prozent im Berliner Abgeordnetenhaus vertreten sein werden, führte die Spitzenkandidatin Renate Künast auf den "Zorn der Wähler über die Bundespolitik" zurück. Starke Zuwächse dagegen bei der neuen Sammelpartei von enttäuschten Alt-Achtundsechzigern, der PDS. Überall konnte die Partei Zugewinne bis zu vier Prozent verbuchen.

"Die PDS profiliert sich mit altlinken Vorstellungen" sagte der Bürgerrechtler Wolfgang Templin dem Tagesspiegel. Die etablierten Parteien forderte er daraufhin auf, "endlich eine konsequente Politik gegenüber der PDS" zu betreiben, weil es sich bei der SED-Nachfolgepartei nicht um ein vorübergehendes und sich selbst erledigendes Problem handele. Sehr erfolgreich lebe die PDS noch von den Spätfolgen der Teilung, die die mitteldeutsche Gesellschaft nachhaltig geprägt habe. Das Ergebnis der PDS im West-Ost-Vergleich, die in West-Berlin unter fünf Prozent blieb, dagegen im Ostteil der Stadt fast 40 Prozent erreichte, belegt zumindest eins. Ihre Wähler sind nicht nachtragend. Selbst in den gehobenen Wohngegenden Berlin-Reinickendorf und Berlin-Zehlendorf verbuchte die PDS Zugewinne in Erst- und Zweitstimmen. Zu einem Einzug in die Bezirksverordnetenversammlungen (BVV) der Stadtteile reichte es aber dann doch nicht.

Dagegen sind in Reinickendorf die Republikaner mit zwei Plätzen vertreten. Ebenso konnten sie in ihren bisherigen Hochburgen Wedding, Tiergarten und Neukölln an Stimmen zulegen. Dort reichte es auch für den Einzug in die BVV. Trotz einer teuren Werbekampagne blieb es bei dem Ergebnis der vergangenen Wahl.

Als "enttäuschend" wertete der Bundesgeschäftsführer der Republikaner, Gerhard Tempel, das Abschneiden seiner Partei. Die große Chance auf den Einzug ins Abgeordnetenhaus "ist uns aus unterschiedlichen Gründen kaputtgemacht worden", sagte Tempel gegenüber der JUNGEN FREIHEIT. Neben dem Verlust von rund 3.000 Wahlplakaten der Republikaner machte der Geschäftsführer vor allem die Medien verantwortlich. Sie hätten die Partei im Wahlkampf entweder "totgeschwiegen" oder allenfalls verzerrt berichtet."Wir haben das Wahlziel eindeutig verfehlt", erklärte auch der geschäftsführende Berliner Landesvorsitzende Sven Thomas Frank. Als "Lichtblick" wertete er den Einzug in sechs Bezirksverordnetenversammlungen. "Wir werden trotz der Enttäuschung den Kopf nicht in den Sand stecken", sagte Frank.

Genauso große Enttäuschung herrschte am Wahlabend bei der FDP, die, wenn sie nicht stagnierte, an Boden verlor. Weder in den Kreisen Reinickendorf, Tempelhof und Neukölln, die von Kandidaten des nationalliberalen Parteiflügels besetzt waren, noch in den übrigen Bezirken konnten sich die Liberalen durchsetzen. Zugewinne gab es für die Partei nur in drei Wahlkreisen.

So ergeht es ihnen immerhin besser als den Bündnisgrünen, die in allen Kreisen deutliche Verluste erlitten.


 
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